Ukraine-Konflikt: Menschen aus Frankfurt in großer Sorge
Frankfurter Rundschau
Menschen aus der Ukraine, die in Frankfurt leben, blicken mit großer Sorge auf ihr Heimatland.
Frankfurt – Was können wir tun? Schon seit Wochen versucht Stepan Rudzinskyy, Vorsitzender des Ukrainischen Vereins Frankfurt, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Helfen möchte er, doch was passiert mit den Verwandten und Bekannten, falls der Angriff kommt? Soll man sie alle nach Deutschland holen? Logistisch ist das kaum möglich.
Rudzinskyy ist ratlos und verzweifelt, wie viele der rund 2300 Ukrainer:innen in Frankfurt. Mit großer Sorge blicken sie auf die Entwicklungen in ihrem Heimatland, welches seit Wochen von russischem Militär umlagert wird. „Die Stimmung schwankt zwischen großer Angst und Fatalismus“, erzählt Viktoriia von Rosen, deren Eltern in der Ukraine leben. Sie könne nicht verstehen, wieso ein weiterer militärischer Konflikt überhaupt zur Debatte stehe: „Wir bedrohen ja kein anderes Land, sondern wollen Frieden und Sicherheit für unsere Bevölkerung.“
Dieser Wunsch ist nicht neu, doch dem jahrelangen Krieg in der Ukraine konnte er bislang kein Ende setzen. Als 2014 die ersten Invasionen begannen, hatte Viktor O. das Land gerade verlassen. Sechs Jahre lang war er zuvor in Kyiv tätig gewesen, hatte dort eine Abteilung seines Arbeitgebers mitaufgebaut und weite Teile des Landes bereist. „Die Ukraine hatte großes Potenzial“, erinnert sich O. Ihre Bürger:innen orientierten sich zunehmend in Richtung Europa, vertraten Werte, die man dort zu schätzen wusste. Viktor O., der in Russland geboren wurde, aber einen ukrainischen Vater hat, begann, sich intensiv mit der Kultur des Landes zu beschäftigen. Er lernte Ukrainisch, informierte sich über Geschichte und Politik. Dann kam der Krieg.
Eines Tages habe O. eine Nachricht von Verwandten erhalten: ‚Wir werden bombardiert, von russischen Raketen. Betet für uns.‘ „Ich betete in allen Sprachen, die ich kannte“, erzählt der 51-Jährige. Tagelang harrten die Verwandten in einem Kellerraum aus, die Schwester des Großvaters überlebte die Strapazen nicht. Als sich die Angriffe häuften, verließen die Jüngeren die Region. Die Älteren blieben. Mittlerweile lebt O.s Verwandtschaft knapp fünf Kilometer von der Frontlinie entfernt.
An ihm selbst ist die ständige Sorge um seine Familie nicht spurlos vorbeigegangen. Seit acht Jahren kämpfe O. mit Angstzuständen und gesundheitlichen Problemen. Unter all das Leid mischt sich seit geraumer Zeit jedoch auch eine Prise Optimismus: „Die Zivilgesellschaft in der Ukraine ist aktiver geworden“, meint O. Es gebe viele Menschen, die die Annäherung an Europa weiter vorantreiben würden, beispielsweise die Mitglieder der ehemaligen Regierungspartei „Europäische Solidarität“. Viktor O. zeigt sich über diese Entwicklung erfreut: „Ich begreife mich selbst als Europäer“, erzählt er. „Europa ist mein Zuhause“.