
Ukraine-Konflikt: Bulgarien fremdelt mit der Nato
Frankfurter Rundschau
Bulgariens Regierung findet angesichts der russischen Drohungen gegen die Ukraine keine klare Haltung. Grund ist die Nähe der Sozialisten zu Moskau.
Sofia – Die neue bulgarische Regierung unter Premier Kiril Petkov tut sich angesichts der Ukraine-Krise ganz offensichtlich schwer, eindeutig Stellung zu beziehen. Die Loyalitätsbezeugungen Richtung des Nato-Bündnis-Partners erfolgen vergleichsweise viel zögerlicher als im Nachbarland Rumänien, das auch schon während der kommunistischen Zeit weniger unter dem Einfluss Russlands stand.
Verteidigungsminister Stefan Janev etwa meinte, dass Nato-Truppen, die wegen der russischen Bedrohung in Bulgarien stationiert werden könnten, unter „bulgarischem Kommando“ stehen müssten. Damit will man in Sofia signalisieren, dass es Bulgarien nur darum geht, das eigene Territorium zu verteidigen, nicht aber um Solidarität unter den Bündnis-Partnern. Ganz ähnliche Worte kamen von Premier Petkov.
Die Opposition übt heftige Kritik. Daniel Mitov von der konservativen Partei Gerb meinte gar, dass die Regierung sich so benehme, als sei Bulgarien nicht Mitglied der Nato, sondern des Warschauer Paktes, des früheren Militärbündnisses des Ostblocks. Der bulgarische Sicherheitsexperte Bojko Nikolov analysiert, dass die „weiche“ Position der bulgarischen Regierung vor allem damit zu tun habe, dass die Sozialisten, „die zu 80 Prozent hinter der Politik des Kremls stehen“, Teil der neuen Vierer-Koalition sind.
Nikolov verweist auch darauf, dass die Regierung keine Stellungnahme dazu abgegeben habe, wer eigentlich für die Eskalation der Krise verantwortlich sei. Die Sozialistische Partei sei sogar dagegen, dass überhaupt zusätzliche Nato-Truppen nach Bulgarien kommen würden. Auch die Rolle des bulgarischen Präsidenten Rumen Radev, der den Sozialisten nahe steht, sei für die „mutlose“ Haltung Bulgariens in der Ukraine-Frage maßgeblich, so der Analyst.
Der Regierung gehe es vor allem darum, die bulgarischen Interessen zu vertreten. „Aber das wäre auch möglich, wenn man trotzdem eine klare Haltung zu den Bündnispartnern einnimmt“, kritisiert Nikolov, der das Webportal BulgarianMilitary.com betreibt. „Es ist Zeit, dass Bulgarien ein neues Gesicht zeigt und wir Europa demonstrieren, dass wir ein stabiler Partner sind. Wenn wir das nicht tun, dann werden wir immer das prorussische Land vom Balkan bleiben, dessen Leute nicht an die Europäer im Westen glauben“, meint der 46-Jährige.