Ukraine aktuell: Russland gibt die symbolträchtige Schlangeninsel auf
DW
Die russische Armee hat sich nach gut vier Monaten von der ukrainischen Schlangeninsel im Schwarzen Meer zurückgezogen. Zugleich versicherte Präsident Putin, die "Spezialoperation" in der Ukraine verlaufe nach Plan.
Russische Truppen ziehen sich nach eigener Darstellung im Krieg gegen die Ukraine angeblich freiwillig von der besetzten Schlangeninsel im Schwarzen Meer zurück. Damit wolle Russland zeigen, dass es den Export von Getreide und landwirtschaftlichen Produkten aus der Ukraine nicht behindere, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau. Während die Führung in Moskau mit Blick auf den Abzug der Soldaten von einer "Geste des guten Willens" sprach, feierte die Ukraine ihn als wichtigen militärischen Sieg. Der ukrainische Armeechef Walerij Saluschny lobte seine Truppen im Onlinedienst Telegram für die Rückeroberung eines "strategisch wichtigen Teils unseres Territoriums". Die russischen Soldaten hätten die Schlangeninsel verlassen, "da sie dem Feuer unserer Artillerie, Raketen und Luftangriffe nicht standhalten konnten".
Die Schlangeninsel gilt als Symbol des ukrainischen Widerstands. Nach dem russischen Einmarsch Ende Februar war das Eiland unweit des Donaudeltas von der russischen Marine bereits am zweiten Kriegstag erobert worden. Die ukrainischen Streitkräfte haben seitdem mehrfach Attacken mit Kampfdrohnen und Flugzeugen geflogen und den Kreuzer "Moskwa" (Moskau) mit Raketen versenkt.
Die Insel ist auch ein strategisch wichtiger Posten zur Überwachung der Seewege im nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres. Russland hatte versucht, auf der Insel Raketen- und Luftabwehrsysteme zu installieren. Die ukrainische Armee attackierte die dort stationierten russischen Einheiten jedoch regelmäßig mit Drohnen. Zudem kann die Ukraine dank westlicher Waffenlieferungen inzwischen auch Raketen mit größerer Reichweite einsetzen, so dass die russischen Stellungen auf der Insel offenbar nicht mehr zu halten waren.
Der britische Premierminister Boris Johnson sagte, der Rückzug von der Schlangeninsel verdeutliche, dass die Ukraine in der Lage sei, die Russen zurückzudrängen. "Es wird sich für Putin letztlich als unmöglich erweisen, ein Land zu unterwerfen, das seine Herrschaft nicht akzeptiert", sagte Johnson beim NATO-Gipfel in Madrid.
Der Westen wirft Russland vor, die in den Häfen blockierten Getreideexporte als Druckmittel einzusetzen. Die Ukraine beschuldigt Russland zudem, ihre Weizenernten aus den besetzten Gebieten im Süden des Landes zu stehlen. Aus dem von Russland besetzten ukrainischen Hafen von Berdjansk lief am Donnerstag ein Schiff mit 7000 Tonnen Getreide an Bord aus. Die von Russland ernannte Verwaltung teilte mit, das Schiff werde von der russischen Marine begleitet. Die Getreidelieferung sei auf dem Weg "in befreundete Staaten".