Tschechiens EU-Vorsitz wird vom Krieg bestimmt
DW
Am 1. Juli übernimmt Tschechien die Ratspräsidentschaft in der EU. Das Amt bietet wenig Macht, aber die Möglichkeit, dennoch zu glänzen. Was hat die Regierung in Prag vor? Bernd Riegert berichtet.
Für das "Gequassel mit Häppchen" wollte der tschechische Ex-Premier Andrej Babis kaum Geld ausgeben. Die EU-Ratspräsidentschaft, die der EU-Skeptiker 2021 vorzubereiten hatte, war ihm nicht viel wert. Nur ein Drittel des Budgets, das Tschechien für seine erste Ratspräsidentschaft im Jahr 2009 hinblätterte, sollte ausgegeben werden. Im November aber löste eine liberal-konservative Fünfparteien-Koalition um den neuen Premier Petr Fiala den populistischen Multimilliardär Babis ab. Nach der gewonnenen Parlamentswahl machte sich Fiala, ein gelernter Politologe, sofort daran, die EU-Ratspräsidentschaft ernsthafter vorzubereiten und als Chance für Tschechien auf der europäischen Bühne zu begreifen.
Traditionell kann der Vorsitzende der Europäischen Union im halben Jahr seiner Präsidentschaft die Agenda maßgeblich beeinflussen und Werbung für sein eigenes Land machen, auch wenn er formal keine Machtbefugnisse hat. Petr Fiala erhöhte das Budget für die zusätzlichen Ausgaben während der Ratspräsidentschaft ein wenig. Doch das reichte nur aus, um die mit 16 Prozent galoppierende Inflation in Tschechien auszugleichen.
Deshalb ist die tschechische Vertretung bei der Europäischen Union darauf angewiesen, preiswert zu arbeiten und sich auf Praktikanten und studentische Hilfskräfte zu stützen, um rund 200 Tagungen und Veranstaltungen zu organisieren. Die Praktikanten, die hauptsächlich durch das EU-Stipendienprogramm Erasmus finanziert werden, haben sich im April bereits darüber beschwert, dass ihre Lebenshaltungskosten in Brüssel von der Regierung in Prag nicht ersetzt werden.
Trotz der schlechten finanziellen Ausstattung soll die zweite tschechische Ratspräsidentschaft ein Erfolg werden, anders als bei der ersten 2009. Während dieser ersten Präsidentschaft wurde der Premierminister Mirek Topolanek durch ein Misstrauensvotum gestürzt. Die EU-Agenda versank im Chaos. Damals beschwerten sich Diplomaten der alten EU-Staaten, die tschechische Geschäftsführung sei "peinlich" gewesen.
Petr Fiala ist sich darüber im Klaren, dass er und seine Minister genau beobachtet werden. "Am 1. Juli übernehmen wir zum zweiten Mal die Ratspräsidentschaft. Mit leichter Übertreibung lässt sich sagen, dass sie für uns eine Reifeprüfung ist", sagte der Regierungschef auf seiner Pressekonferenz zur Vorstellung des Präsidentschaftsprogramms Mitte Juni.