Truppenabzug aus Afghanistan: Selbst Verbündete kritisieren Joe Biden
Frankfurter Rundschau
Die Kritik an US-Präsident Joe Biden für seinen forschen Abzug der Truppen aus Afghanistan wächst. Von Fehleinschätzungen und einem politischen Desaster ist die Rede.
Washington D.C. – Erfahren, diplomatisch, weltoffen: Attribute, die dem Ruf von US-Präsident Joe Biden bereits vor der US-Wahl im Jahr 2020 vorauseilten. Für die außenpolitischen Verbündeten der USA, darunter Deutschland, sollte nach der Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Donald Trump alles besser werden. Doch angesichts der jüngsten Entscheidungen im Hinblick auf die Afghanistan-Politik Bidens wächst nun die Kritik – auch vonseiten der wichtigsten Partner der Vereinigten Staaten. Nach fast 20 Jahren in Afghanistan hatten die USA Anfang Mai 2021 den Abzug ihrer Truppen eingeleitet. Joe Biden kündigte damals an, diesen bis September vollziehen zu wollen. Und tatsächlich war der Prozess zuletzt zu gut 95 % abgeschlossen, wie das US-Außenministerium bestätigte. Doch der rasante Vormarsch der radikal-islamistischen Taliban, der inzwischen in der Machtübernahme der Miliz mündete, zwang den US-Präsidenten dazu, erneut Tausende Soldaten ins Land zu schicken. Die Truppen sollen nun bei der Evakuierung des Personals der US-Botschaft unterstützen, tausende Menschen aus der afghanischen Hauptstadt ausfliegen und vor den Taliban in Sicherheit bringen. Die Bilder der chaotischen Zustände auf dem Flughafen in Kabul gehen um die Welt. Joe Biden steht im Fokus der Kritik. Noch Anfang Juli ließ der Präsident der USA verlauten, es sei unwahrscheinlich, „dass die Taliban ganz Afghanistan überrennen und das Land übernehmen.“ Diese Fehleinschätzung sorgt nach den neuesten Entwicklungen für reichlich Kritik. Zuletzt versuchte auch der Außenminister der Biden-Regierung, Antony Blinken, den Präsidenten in Schutz zu nehmen: „Fakt ist, dass die afghanischen Streitkräfte das Land nicht verteidigen konnten. Und das ging tatsächlich schneller als erwartet“, sagte Blinken gegenüber dem Nachrichtensender CNN. Eine Fehleinschätzung der Lage am Hindukusch liege nicht vor, so Blinken. Im Gegenteil: Das rasche Entsenden von mehreren Tausend US-Soldat:innen nach Kabul zeige doch, wie gut der US-Präsident auf alle möglichen Szenarien vorbereitet war, betonte der Außenminister im Interview.More Related News