Trägt der Westen eine Mitschuld an Russlands Krieg?
n-tv
Der Politologe Johannes Varwick geht davon aus, dass der Westen den russischen Krieg gegen die Ukraine hätte verhindern können. "Ich glaube, dass Kriege nie unausweichlich, sondern die Folge falscher Entscheidungen sind", sagt er im Interview mit ntv.de. Waffenlieferungen hält er für falsch, damit werde "die Ukraine ein Stück weit verheizt" und der Konflikt nur blutiger und länger gemacht - eine These, für die Varwick scharf kritisiert wurde.
Die Gegenposition bezieht in diesem Streitgespräch der Jurist Roger Näbig, der den Blog "Konflikte und Sicherheit" betreibt. Näbig sagt: Nur durch einen Abnutzungskrieg könne Putin gezwungen werden, sich bei den Verhandlungen mit der Ukraine zu bewegen. Dass der Krieg durch Verhandlungen der NATO mit Russland hätte verhindert werden können, glaubt er nicht. "Putin sagt letztlich: Wenn ihr nicht macht, was ich will, dann überziehe ich euch mit Krieg. Ich sehe da keinen Interessenausgleich."
ntv.de: Herr Varwick, ich glaube, wir müssen vorab etwas klären, es gab da gewisse Vorwürfe in den sozialen Medien. Sind Sie ein Putin-Versteher?
Johannes Varwick: Überhaupt nicht. Ich war immer bemüht um einen realistischen, nüchternen Blick auf Russland. Und ich kritisiere Russland seit vielen Jahren, schon vor der Annexion der Krim, die ich natürlich ebenfalls kritisiert habe. Aber ich bin der Meinung, dass es eine kluge Tugend ist, in der internationalen Politik auch mit schwierigen Partnern einen Interessenausgleich zu versuchen.