Tomas Espedal „Lieben“: Ich beschließt zu sterben
Frankfurter Rundschau
Mit dem Gedankenspiel „Lieben“ schließt der norwegische „Schreibarbeiter“ Tomas Espedal seinen zehnbändigen Romanzyklus ab.
Ich ist am Ende. Ich beschließt zu sterben, Ich stirbt. Mit „Lieben“ beendet der norwegische Schriftsteller Tomas Espedal ein auf zehn Bände angelegtes Romanprojekt. Es ist das Ende einer radikalen Selbstbespiegelung, und ihr Höhepunkt.
Beinahe zeitgleich mit seinem Landsmann Karl-Ove Knausgard hatte Espedal zu Beginn der 2000er das Ich ins Zentrum seines literarischen Schaffens gestellt. Ich sagen, vom Erlebten erzählen, Menschen mit ihren echten Namen nennen – eine Provokation für die egalitäre, auf Gleichheit bedachte Gesellschaft Norwegens. Doch während Knausgard mit seinem ausufernden, Tausende Seiten füllenden und in die Breite erzählten „Min Kamp“ Verkaufsrekorde brach, ist Espedal heute ein zwar verhältnismäßig erfolgreicher, aber oft übersehener Schriftsteller.
Daran wird auch „Lieben“, übersetzt aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel, nichts ändern. Es ist ein leises Buch, ein Gedankenspiel: Der Protagonist, Ich, beschließt zu sterben. Er ist Mitte 50, Schriftsteller, wohnt in einem Reihenhaus, irgendwo in einem Vorort von Bergen. In der Vergangenheit ein paar Bücher, einige Reisen und Liebesverhältnisse („das, was Susa kleine Lieben nannte“), ein bisschen Tod, keine Krankheit, keine Geldsorgen – in der Summe ein normales, privilegiertes Leben. Man gewöhnt sich daran.