Thomas Bachs perfide Botschaften
Süddeutsche Zeitung
Niemand weiß wirklich, wie es Peng Shuai im Dickicht aus Repression und Desinformation ergeht. Der IOC-Präsident tut trotzdem so, als sei alles in Ordnung.
Von Thomas Bach darf sich die chinesische Tennisspielerin Peng Shuai keine Unterstützung erwarten. Das hat ihr der deutsche IOC-Präsident auch genauso mitgeteilt, wieder und immer wieder.
Natürlich hat Bach Peng Shuai diese Nachricht nicht persönlich überbracht. Er hat sie nicht im Rahmen jener inszenierten Videoschalten übermittelt, bei denen er sich angeblich von ihrem Wohlbefinden überzeugt hat, und auch nicht bei jenem Abendessen am Samstag in Peking, bei dem sich die beiden laut IOC-Mitteilung "über ihre Erfahrungen als (Ex-)Athleten bei Olympischen Spielen" ausgetauscht haben. Hier ging es um Höflichkeiten, oder besser: um Lächerlichkeiten. Will Peng Shuai nach der Pandemie vielleicht mal die IOC-Zentrale in Lausanne besuchen? Oh ja, das war bestimmt immer ihr größter Traum!
Erstmals gibt die Tennisspielerin Peng Shuai einem westlichen Medium ein Interview: Ihre Vorwürfe sexualisierter Gewalt seien ein Missverständnis. Das Gespräch findet unter fraglichen Umständen statt - und wirft viele neue Fragen auf. Von Christoph Giesen, Peking, Gerald Kleffmann und Johannes Knuth
Die wahre Botschaft an Peng Shuai hat Thomas Bach allerdings dadurch übermittelt, dass er sich in Peking in jedem IOC-Statement und in jeder Antwort auf Journalistenfragen bis ins perfideste Detail die Narrative der chinesischen Propaganda zu eigen macht.
Abgesehen von der körperlichen Unversehrtheit wird wohl niemand so bald erfahren, wie es Peng Shuai wirklich im Alltag ergeht, schon gar nicht derjenige, der sie vom chinesischen Apparat in die Kulisse geschoben oder, wie nun die Zeitung L'Équipe, unter strengen Auflagen für ein Interview zugeführt bekommt.