Teure Energie, fehlende Fachkräfte: Die Wirtschaft schlägt Alarm
DW
Deutschland droht eine Rezession. Beim Arbeitgebertag in Berlin ist die Stimmung angespannt. Die Rufe nach Finanzhilfen werden in der ganzen Republik immer lauter.
Im Winter im T-Shirt arbeiten? Beim Autohaus Rosier in Braunschweig war das für die Mechaniker in der beheizten Werkstatt bislang selbstverständlich. Besonders wärmebedürftige Autoverkäufer und Verwaltungsangestellte durften sogar Heizlüfter unter ihren Schreibtischen aufstellen, wenn es ihnen in ihren Büros nicht warm genug war. Doch damit soll jetzt Schluss sein. "Das können wir uns nicht mehr leisten", sagt Stefan Becker, der die Mercedes-Niederlassung leitet.
Heizlüfter werden verboten, und die Werkstatt soll statt 20 Grad Celsius vielleicht noch 15 Grad warm sein. Oder kalt, je nach persönlichem Empfinden. Es ist ein sonniger Septembermorgen, als Becker seine Pläne erläutert. Vor ihm steht die SPD-Vorsitzende Saskia Esken, die in Niedersachsen unterwegs ist, wo Anfang Oktober ein neuer Landtag gewählt wird. "Gas und Strom kosten uns pro Jahr rund zwei Millionen Euro mehr als bisher", sagt Becker und guckt durch das Tor der Werkstatt nach draußen in die Wärme. Noch muss nicht geheizt werden, aber es ist nur noch eine Frage der Zeit.
Mit ernstem Gesicht hört Esken dem Autohändler zu. Erst als er darüber klagt, dass die Photovoltaik-Anlage, die gerade auf dem Dach installiert wurde, finanziell nicht mehr vom Staat gefördert wird, unterbricht die Sozialdemokratin ihn. Warum er erst jetzt auf die Idee gekommen sei, seinen Strom selbst zu produzieren? "Weil Strom und Gas bislang doch immer billig waren", entgegnet Becker und zuckt entschuldigend mit den Achseln.
Wo auch immer die SPD-Vorsitzende auf ihrer Tour Station macht, stets gibt es nur ein Thema: Die Energiekrise, die sich zu einer Wirtschaftskrise ausweitet. Sogar in einer Müllverbrennungsanlage macht sie sich bemerkbar. "Die Leute konsumieren weniger, das produziert weniger Haus- und Sperrmüll, und das spüren wir", berichtet Bernard Kemper, Geschäftsführer der Energy from Waste GmbH (EEW) in Helmstedt.
Die Anlage produziert Fernwärme, mit der sie viele tausend Haushalte in der Region versorgt. "Wir müssen uns etwas einfallen lassen, damit wir unseren Heizwert und damit unsere Verträge einhalten können", sagt Kemper. In der Vergangenheit gehörte Deutschland zu den Ländern, die Müll in andere Länder exportierten, um ihn dort entsorgen zu lassen. Jetzt wird alles selbst verfeuert, um Energie zu erzeugen.