Telegram sperrt offenbar Hildmanns Kanäle
Süddeutsche Zeitung
Seit vergangenem Sommer war der Zugang zu den Telegram-Foren des Verschwörungsideologen auf vielen Smartphones schon blockiert. Jetzt sind sie gar nicht mehr verfügbar.
Die Kanäle des Verschwörungsideologen Attila Hildmann auf Telegram sind in Deutschland nicht mehr abrufbar. Offenbar hat der Messengerdienst sie gesperrt. Seit Dienstagabend erhalten Nutzer, die auf die Chats zugreifen möchten, eine Benachrichtigung, dass der Kanal nicht angezeigt werden könne, "weil er gegen lokale Gesetze verstößt". Das Hackerkollektiv Anonymous hatte auf die mutmaßliche Sperrung aufmerksam gemacht.
Bereits seit Juni vergangenen Jahres war Hildmanns Hauptkanal auf Smartphones, auf denen die Telegram-App über die Stores von Apple und Google heruntergeladen worden war, nicht mehr verfügbar. Ob die Store-Betreiber oder Telegram die Sperrung veranlassten, blieb unklar; Google teilte allerdings mit, dass man zu so einem gezielten Vorgehen technisch nicht in der Lage sei.
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Über Telegrams Webversion und die Desktop-App blieb es ohnehin weiter möglich, die Nachrichten zu lesen. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie hatte der als veganer Koch bekannt gewordene Hildmann dort Corona-Verschwörungsmythen, Hetze gegen Funktionsträger sowie unverhohlenen Judenhass an etwa 100 000 Nutzerinnen und Nutzer verschickt. Seit Februar 2021 wird Hildmann von der Berliner Justiz mit Haftbefehl gesucht. Doch er tauchte ab.
Auch nach seiner Flucht und der Blockade seines Hauptkanals blieb Hildmann bei Telegram aktiv. Schnell tauchten mehrere Ersatzkanäle auf, die Hildmann zugeschrieben werden. Monatelang konnten dort weitgehend ungehindert Falschinformationen über Corona sowie Hass und Hetze geteilt werden - bis jetzt. Laut Recherchen des Center für Monitoring, Analyse und Strategie betrifft die aktuelle Sperrung sieben dieser Foren. Doch Fachleute vermuten Hildmann hinter mindestens einem weiteren - ob er noch mehr betreibt, ist unklar. Andere Kanäle, die mit Hildmann nicht unmittelbar zu tun haben, über die aber ebenfalls Corona-Verschwörungen und -Hetze verbreitet werden, waren Mittwochnachmittag nach wie vor verfügbar.