
Türkei-Wahlen 2023: Nürnberg lässt Plakate von Erdogan zu
Frankfurter Rundschau
In Nürnberg werden Wahlplakate für den türkischen Präsident Recep Tayyip Erdogan aufgehängt. Kritiker sind empört, weil die Stadt die Genehmigung erteilt.
Nürnberg - Bei der Türkei-Wahl am 14. Mai wählen die Menschen ein neues Parlament und einen neuen Präsidenten. Bis zum 9. Mai dürfen die Auslandstürken auch in Deutschland an der Abstimmung in den Generalkonsulaten teilnehmen. Längst läuft der Wahlkampf, vor allem in deutschen Metropolen. Dort werden immer wieder die Anhänger von Präsident Recep Tayyip Erdogan seit Monaten für ihren Führer.
Hatten die AKP-Lobbyorganisation UID (Union Internationaler Demokraten) vor allem in den Moscheen der Islamverbände Ditib und IGMG (Milli Görüs) geworben, sieht man jetzt Wahlplakate auch in Nürnberg. „Auf Grund des Wahlkampfes wurden 25 Plakate außerhalb der Altstadt im Rahmen einer Sondernutzung vom 22. April bis zum 5. Mai genehmigt“, teilt die Stadtverwaltung auf Twitter mit.
Die Empörung bei Kritikern des türkischen Staatschefs und seiner AKP ist groß. „Angesichts der Mitverantwortung der AKP für die 50.000 Opfer des Erdbebens und der verheerenden Menschenrechtsbilanz Erdogans empfinde nicht nur ich eine solche Entscheidung der Verwaltung als zynisch und höchst ignorant“, sagte der Essener Politikwissenschaftler und Türkei-Experten, Burak Çopur. „Zudem ist es moralisch höchst verwerflich und eine Verhöhnung aller Opfer des Erdogan-Regimes, nun ständig sein Konterfei auf den Straßen von Nürnberg zu sehen“.
Çopur stellt im Gespräch mit unserer Redaktion die Frage, ob Oberbürgermeister Marcus König (CSU) im Gegenzug es genauso befürworten würde, wenn Wahlplakate von Russlands Präsident Wladimir Putin in seiner Stadt aufgehängt werden würden? „Als aufrichtiger Christdemokrat wohl kaum“, so Çopur. In einem offenen Brief an den Oberbürgermeister der Stadt fordert der Politikwissenschaftler das Abhängen der Plakate – „im Sinne des guten Rufs der Stadt“. Schließlich gefährde eine solche Plakataktion das friedliche Zusammenleben der Kulturen. „König ergreift damit indirekt Partei an der Seite einer höchst aggressiven und christen- und europafeindlichen Diktatur“.
In den vergangenen Monaten waren über 100 Abgeordnete und Bürgermeister der AKP zum Wahlkampf nach Deutschland gekommen. Im Januar hatte ein Abgeordneter der türkischen Regierungsparte in einer Moschee der Grauen Wölfe in Neuss zur Vernichtung von Anhängern der PKK und Gülen-Bewegung aufgerufen. Daraufhin war es zum diplomatischen Eklat gekommen. Der türkische Botschafter wurde ins Außenministerium einbestellt. Hass und Hetze hätten kein Platz in Deutschland, hatte das Auswärtige Amt klargestellt. Auch der Deutschlandbesuch von Erdogan musste abgesagt werden, da Bundeskanzler Olaf Scholz offenbar darauf bestand, das Thema in der gemeinsamen Pressekonferenz anzusprechen. Die türkische Seite wollte sich diese Blöße jedoch nicht geben.