
Täuschungsmanöver bei der Bild-Zeitung - der Wandel ist nur vorgetäuscht
Frankfurter Rundschau
Nach dem Rauswurf von Chefredakteur Reichelt soll der schmutzige Ruf des Blattes aufgehübscht werden. Doch müsste mehr passieren, als zwei Frauen in die Chefetage zu holen.
Zwei neue Frauen in die Chefetage berufen? Mehr Frauen an der Spitze? Bei jedem anderen Unternehmen wäre das eine coole Nachricht. Ein Zeichen, dass sich etwas verändern soll in der Führungskultur. Zum Besseren, versteht sich. Doch bei der Bild? Im Blick auf Springers Boulevardzeitung bedeutet die Nachricht – nichts. Ein Täuschungsmanöver. Nach dem Rauswurf von Chefredakteur Julian Reichelt soll der schmutzige Ruf des Blattes aufgehübscht werden. Durch Irreführung der Öffentlichkeit.
Denn es lag nicht am Mangel von Führungsfrauen, dass ein Klima von Männerdominanz und Machtmissbrauch in der Bild-Redaktion herrschte. Schließlich gab es Reichelts Co-Chefin Alexandra Würzbach und in der erweiterten Chefredaktion vier weitere Kolleginnen. So eine breit aufgestellte Führung ist in der Bild durchaus üblich. Doch was soll die helfen, wenn die unteren Chefränge - egal ob männlich oder weiblich - kaum weisungsbefugt sind, strategisch nicht eingreifen können und durch die absurd steilen Hierarchien vor dem Chef-Chef kuschen?
Fast noch schwerer wiegt, welches Selbstverständnis die Bild vor sich her trägt. Johannes Boie, Reichelt Nachfolger in der Chefredaktion, hat vollmundig versprochen, eine Kultur des Respekts in der Redaktion zu etablieren. Allerdings fügte er hinzu, dass, „die für ‚Bild‘ typische Härte nach außen“ dabei keineswegs verloren gehen solle. Im Klartext: Egal was sich intern ändert, im Blatt werden auch unter seiner Führung die üblen Boulevardmechanismen fortgesetzt. Der Kampagnenjournalismus, der gezielte Bruch von Persönlichkeitsrechten, die Hetzjagd auf Einzelpersonen. Als ließe sich eine Zeitung für die Straße nicht auch anders machen.