
Syrien: Bidens Untätigkeit birgt die Gefahr, Assad – und seine Verbrechen – zu normalisieren
Frankfurter Rundschau
Die Welt nimmt den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad allmählich wieder in ihre Gemeinschaft auf. Ein Gastbeitrag von Foreign Policy.
Damaskus - Von der Vergasung schlafender Städte und der Bombardierung von Krankenhäusern, Schulen und Bäckereien bis hin zu jahrelangen Belagerungen und dem Einsatz von Krematorien, um den Massenmord an Gefangenen zu verschleiern, hat das Regime des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad bei seinem brutalen Streben nach Machterhalt in den letzten zehn Jahren nichts ausgelassen.
Als Männer, Frauen und Kinder im Frühjahr 2011 auf die Straße gingen, um politische Reformen zu fordern – viele von ihnen hielten als Zeichen des Friedens Rosen in die Luft –, bezeichnete Assad sie als „Bazillen“. Zehn Jahre später sind mindestens eine halbe Million Syrer tot, weitere 100.000 Menschen sind verschwunden, und mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist weiterhin auf der Flucht. Gegen Assads Regime liegen mehr strafrechtlich verwertbare Beweise für Kriegsverbrechen vor als in Nürnberg gegen die Nazis.
Doch trotz der ungeheuerlichen Verbrechen seines Regimes sitzt Assad heute so bequem in Damaskus wie seit 2011 nicht mehr. Erschöpft und oft desinteressiert verfolgt die internationale Gemeinschaft keine erkennbaren Maßnahmen, um die anhaltende Krise in Syrien zu lösen, geschweige denn irgendeine Art von Gerechtigkeit oder Rechenschaftspflicht einzufordern. Tatsächlich scheint die Welt Assad allmählich wieder in die Weltgemeinschaft aufzunehmen – und damit dazu beizutragen, die von seinem Regime begangenen Gräueltaten zu normalisieren. Der syrische Außenminister Faisal Mekdad räumte eben dies am 7. Oktober ein, als er behauptete, die „Erfolge“ des syrischen „Krieges gegen den Terrorismus“ seien genau der Grund, warum sich die „internationale politische Stimmung“ in letzter Zeit gegenüber Syrien verändert habe.