
Sudan: Militär, Milizen, Machthunger
DW
Die Kämpfe im Sudan sind das Ergebnis vom Machtkampf der beiden starken Männer im Land. Ihre Rivalitäten zeigen die national und international schwierige Lage des Landes und die Ohnmacht der Zivilgesellschaft.
Etwa 100 Tote - das ist die Bilanz der am Samstag ausgebrochenen Kämpfe zwischen Armee und Paramilitärs, den sogenannten "Rapid Support Forces" (RSF), im Sudan. Hunderte weitere Menschen wurden laut Angaben der Ärztevereinigung Central Committee of Sudan Doctors (CCSD) am Montag dieser Woche in den ihnen zugänglichen Landesteilen verletzt. Inzwischen wird von Kämpfen in mehreren Regionen berichtet. Auch aus der Hauptstadt Khartum werden am Montagmorgen verstärkte Luftangriffe gemeldet.
Sie bekomme wie alle anderen Bewohner der Hauptstadt sehr viel von den Kämpfen mit, sagt Christine Roehrs, Leiterin des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung in Khartum. "Sowohl die Einrichtungen des Militärs als auch der RSF liegen mitten in der Stadt. Also wird auch dieser Machtkampf hier ausgetragen, in Wohnquartieren, wo die Menschen normalerweise zum Einkaufen oder in die Schule gehen würden. Überall hört man die Kampfhandlungen, man hat das den ganzen Tag im Ohr", so Roehrs im DW-Interview.
Hintergrund der Zusammenstöße ist der Kampf um die Macht im Land zwischen der sudanesischen Armee unter Kommando von Sudans Machthaber Abdel Fattah al-Burhan und den rivalisierenden RSF von Mohammed Hamdan Daglo. Seit einem Militärputsch im Jahr 2021 wird der Sudan von dem sogenannten Unabhängigen Rat unter Vorsitz von General al-Burhan regiert. Sein Stellvertreter ist der RSF-Kommandeur General Hamdan Daglo, genannt "Hemeti".
Entzündet hatten sich die Kämpfe anlässlich von Verhandlungen um eine Reform des Sicherheitssektors. Einer der zentralen Streitpunkte war Medienberichten zufolge die Integration der paramilitärischen Miliz in die Strukturen der nationalen Armee. Dies könnte womöglich auch den Verlust von Einfluss bedeuten.
Letztlich sei die Allianz zwischen den beiden Kontrahenten nie stabil gewesen, so Roehrs. "Wenn es ihren gemeinsamen Interessen genutzt hat, haben sie zusammengearbeitet - so zum Beispiel im Oktober 2021, beim gemeinsamen Putsch gegen die damalige Übergangsregierung. Jetzt hingegen, in der Frage des künftigen Verhältnisses zwischen der Armee und den Milizen, gehen die Interessenslagen auseinander, und die Ex-Partner werden Gegner."