Streit um Flüchtlingsboote: Wie die britische Regierung Geflüchtete kriminalisiert
Frankfurter Rundschau
Großbritanniens Innenministerin Patel geht so hart gegen Migration vor, dass sie sogar altehrwürdige Institutionen angreift.
London ‒ In Sachen Asyl formiert sich in Großbritannien zunehmend Widerstand gegen die hemdsärmeligen Methoden von Innenministerin Priti Patel. Der Innenausschuss des Unterhauses hat die „schockierenden Zustände“ in unwürdigen Baracken angeprangert, wo Minderjährige zusammengepfercht werden. Auch die Aktionen gegen Flüchtlingsboote im Ärmelkanal finden keineswegs ungeteilte Zustimmung. Die mehrfach von der Regierung kritisierte Seenotrettung wird mit Spenden überhäuft und vom höchstdekorierten Admiral der Royal Navy in Schutz genommen. Das bestehende Asylsystem sei „kaputt“, erwidert Patel unentwegt und scheinbar ungerührt. Es soll in Großbritannien eine Asyl-Reform geben - damit die Regierung mit drakonischer Härte gegen Asylbewerber und Migranten vorgehen kann. Beikommen will die Frau vom äußersten rechten Flügel der Konservativen dem „Kaputten“ mit der systematischen Kriminalisierung von Flüchtlingen. Zukünftig sollen nicht nur überführte Menschenschmuggler automatisch lebenslang in Haft kommen. Dem Entwurf eines neuen Gesetzes zufolge, das derzeit im Parlament beraten wird, werden Menschen ohne Visum dann sofort in Haft genommen, unabhängig von ihrem Status. Dem „ekelhaften Geschäft krimineller Banden“ müsse das Handwerk gelegt werden, fordert Patel: „Zugang zum Asylsystem sollte von der Notlage abhängen, nicht von der Zahlungsfähigkeit.“ Wer in dem System steckt, wird aber schon heute oft menschenunwürdig behandelt. Beim Besuch einer Übergangsunterkunft fand eine Unterhausdelegation vergangene Woche 56 Menschen in einem kleinen, ungelüfteten Wartezimmer vor. „Darunter waren Mütter mit Babys und sehr kleinen Kindern, aber auch eine erhebliche Zahl junger Männer“, berichtet die Ausschuss-Vorsitzende Yvette Cooper. In einer anderen Baracke seien unbegleitete Kinder und Jugendliche mehr als zehn Tage lang auf sich allein gestellt gewesen. „Das ist vollkommen unangemessen“, schreibt die Labour-Politikerin in einem Beschwerdebrief an Patel.More Related News