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Streetstyle ist tot, lang lebe Streetstyle
Die Welt
Streetstyle-Fotografie richtet den Blick auf das, was die Menschen wirklich tragen. Zuletzt war sie zu einer Bühne für Influencer und Luxusmarken geworden. Der New Yorker Fotograf Johnny Cirillo zeigt jetzt wieder das echte, bunte Leben.
In New York trägt man neuerdings Pflaster im Gesicht. Aufgefallen ist dieses scheinbar nebensächliche Detail dem Fotografen Johnny Cirillo. Mit seiner Kamera hockt er auf dem Gehweg von Williamsburg und dokumentiert den alltäglichen Stil der New Yorker. Anschließend postet er die Fotos auf seinem Instagram-Kanal, der den so nüchternen Titel „Watching New York“ trägt, „New York City beobachten“. Betrachtet man die Fotos, ist es fast so, als säße man ein paar Meter entfernt am Fenstertresen eines Cafés, auf das sie direkt zusteuern: die Mittdreißiger, die sich in Homeoffice-Kluft ihr Mittagessen holen. Studenten, die morgens in Partykleidung aus der Bar stolpern, oder ganz normale Passanten, die sich zum Gassigehen mal eben etwas übergeworfen haben. Sie alle sehen auf ihre ganz eigene Weise fantastisch aus.
Cirillos Arbeit ist gerade wieder sehr gefragt, weil sie dafür steht, was Straßenmodefotografie einmal war. Bei Streetstyle handelt es sich um die wichtigste Moderevolution der letzten Jahrzehnte. Nach den elitären Neunzigern formierte sich eine kleine Crowd, bestehend aus unbekannten Modefans, bunten Vögeln, exaltierten Charakteren. Sie mögen keine Einladung zur Modenschau bekommen haben, wollten mitreden oder waren es einfach satt, nur für das Logo vier- bis fünfstellige Beträge hinzublättern. Also machten sie kurzerhand die Straße zu ihrem Laufsteg – und die Fotografen stürzten sich darauf.