Steuerschätzung: Staat nimmt trotz Ukraine-Kriegs mehr ein
ProSieben
Schon wieder ist die Prognose der Steuerschätzer mit riesigen Unsicherheiten behaftet. Erst wegen der Corona-Pandemie, jetzt wegen des Ukraine-Kriegs. Auf den ersten Blick sehen die Zahlen gut aus - doch der Finanzminister drückt auf die Euphoriebremse.
Ukraine-Krieg und Corona-Pandemie machen die Konjunktur in Deutschland fragil - doch auf die Steuereinnahmen des Staates schlägt sich das wohl erst einmal nicht nieder. Die Steuerschätzer gehen davon aus, dass Bund, Länder und Kommunen in diesem Jahr sogar 40,4 Milliarden Euro mehr einnehmen werden als noch im November erwartet. Wie das Finanzministerium am Donnerstag in Berlin bekanntgab, kann der Staat bis 2026 mit Mehreinnahmen in Höhe von rund 220 Milliarden Euro rechnen. Dann könnte der Staat auch erstmals in einem Jahr mehr als eine Billion Euro an Steuereinnahmen verbuchen.
Das Geld könnte es Finanzminister Christian Lindner deutlich einfacher machen, ab 2023 wie versprochen die Schuldenbremse wieder einzuhalten. Doch Lindner wies bereits vor Bekanntgabe der neuen Zahlen darauf hin, dass er nach wie vor wenig finanziellen Spielraum sieht. «Ich habe weniger Einnahmen als die Steuerschätzer kalkulieren konnten», sagte der FDP-Chef im ARD-«Morgenmagazin».
Denn die Steuerschätzer berücksichtigen nur Reformen, die Bundestag und Bundesrat bereits passiert haben. Große Teile der geplanten Entlastungspakete wegen der hohen Energiekosten sind aber noch «in der Lieferung», wie Lindner sagte, stecken also noch im parlamentarischen Verfahren. Allein die steuerliche Anpassung von Grundfreibetrag, Werbungskosten- und Fernpendlerpauschale werden bis 2026 rund 22 Milliarden Euro kosten, die in der Schätzung noch nicht berücksichtigt sind.
Wie viel zusätzliches Geld Lindner tatsächlich zu verteilen hat, ist umstritten. Zum einen ist ein wesentlicher Teil der Mehreinnahmen bereits verplant. Der überwiegende Teil werde an die Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben, betonte Lindner.
Zum anderen könnte das Plus ganz schnell schrumpfen, falls sich die Lieferketten-Probleme durch die Corona-Lockdowns in China verschärfen. Oder falls der Ukraine-Krieg so deutliche Spuren in der deutschen Konjunktur hinterlässt, wie manche Ökonomen befürchten. «Die aktuelle Steuerschätzung kommt in einer Phase hoher Unsicherheit», sagte Lindner. Die Folgen des Kriegs seien nach wie vor nicht absehbar, die Entwicklung der Zinsausgaben ungewiss.