Sri Lankas Präsident ruft nach Unruhen Notstand aus
DW
Staatschef Gotabaya Rajapaksa wittert in den Protesten nur den Aufruhr extremistischer Kräfte. Tatsächlich aber treibt die schwere Wirtschaftskrise die Menschen in Sri Lanka auf die Straßen.
Sri Lankas Präsident Gotabaya Rajapaksa hat angesichts zunehmender Unruhen während einer schweren Wirtschaftskrise einen landesweiten Notstand ausgerufen. Der Schritt diene der öffentlichen Sicherheit, dem Schutz der Ordnung und der Sicherung der Versorgung, hieß es in einer Mitteilung im Amtsblatt.
Bei den Unruhen marschierten hunderte Menschen auch zum Haus von Rajapaksa und forderten seinen Rücktritt. Sie setzten zwei Militärbusse und einen Polizei-Wagen in Brand, griffen Beamte mit Ziegelsteinen an und blockierten eine Hauptstraße nach Colombo mit brennenden Reifen. Demonstranten versuchten zudem, das Anwesen des Präsidenten zu stürmen. Sicherheitskräfte feuerten in die Menge und setzten Tränengas und Wasserwerfer ein, um die Menschen auseinander zu treiben. Die Polizei nahm 53 Menschen fest und verhängte eine Ausgangssperre.
Rajapaksa warf den Demonstranten vor, einen "arabischen Frühling" wie im Nahen Osten herbeiführen zu wollen. "Die Proteste am Donnerstagabend wurden von extremistischen Kräften angeführt, die einen arabischen Frühling forderten, um Instabilität in unserem Land zu schaffen", erklärte das Büro des Präsidenten. Offiziellen Quellen zufolge war Rajapaksa während des Protests nicht zu Hause.
In Online-Netzwerken verbreitete Videos zeigten Männer und Frauen, die "Verrückte, Verrückte, geht nach Hause" riefen und den Rücktritt aller Mitglieder der mächtigen Rajapaksa-Familie forderten. Ein älterer Bruder des Präsidenten, Mahinda, ist Ministerpräsident, während der jüngere Basil Finanzminister ist. Sein ältester Bruder und sein Neffe bekleiden ebenfalls Kabinettsposten.
Sri Lanka leidet unter schwerwiegenden Engpässen bei lebenswichtigen Gütern, drastischen Preiserhöhungen und lähmenden Stromausfällen und erlebt damit den schmerzhaftesten wirtschaftlichen Abschwung seit seiner Unabhängigkeit im Jahr 1948. Der Inselstaat im Indischen Ozean mit 22 Millionen Einwohnern kämpft mit einer starken Abwertung seiner Landeswährung, durch die wichtige Importe wie Lebensmittel, Medikamente und Treibstoff zusätzlich verteuert werden.