
Squid Game im Märchenwald
Die Welt
Wissen Sie noch? Weihnachten 2019 kam erst der „Witcher“ – und dann Wuhan. Aber nicht mal Corona hat die zweite Staffel des Streaming-Hits verhindern können. Die ist noch schöner, noch finsterer und noch ritterlicher. Und das liegt an der Mutter des Mannes, mit dem alles begann.
Wir erinnern uns: Weihnachten 2019, als die Welt noch in Ordnung war, hielt Netflix’ süffige Edeltrash-Serie „The Witcher“ für einen kurzen Moment das Internet an. In den ersten vier Wochen, während aus Wuhan die Nachrichten von einem unsichtbaren monströsen Feind immer lauter zu vernehmen waren, sahen fast 80 Millionen Menschen dem sogenannten Hexer Geralt von Riva dabei zu, wie er böse Monster verdrosch. Das sind „Squid Game“-Dimensionen, nur ohne allzu augenfällige Kapitalismuskritik oder die unterschwellige Botschaft, dass das 21. Jahrhundert Asien gehört.
Stattdessen: good ol’ Europe, ein eskapistisches Zurücksehnen nach einer slawischen Märchenwelt aus wogenden Wäldern, lodernden Fackeln in feuchten Verliesen und flatternden Mantelsäumen im Abendwind. Die Geschichten, die die Serie ziemlich episodisch (auch darin oldschool) erzählte, basieren auf den Romanen und Kurzgeschichten von Andrzej Sapkowski.