SPD-Chef will "Krisen- und Kriegsgewinner" stärker belasten
ProSieben
Die Mineralölkonzerne stehen wegen hoher Spritpreise in der Kritik. Nach einer Steuersenkung am Mittwoch sind die Preise vielerorts nur vorübergehend gesunken. In der Koalition werden Stimmen lauter, um "Übergewinne" abzuschöpfen und weitere Entlastungen anzugehen.
Die Ampel-Koalition will angesichts steigender Preise nach Angaben von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich noch vor der parlamentarischen Sommerpause über weitere Entlastungen entscheiden. Trotz der beiden, schon verabschiedeten Entlastungspakete wisse man, dass wegen steigender Energie- und Nahrungsmittelpreise insbesondere die Mitte der Gesellschaft noch weitere Entlastungen brauche, sagte Mützenich dem Nachrichtenportal t-online. Auf die Frage, ob er für den Vorschlag sei, die Energiepauschale von 300 Euro auch Rentnern zu zahlen, sagte er: "Das kann ich mir vorstellen. Aber das werden wir gemeinsam besprechen und entscheiden."
Auch Landwirtschaftsminister Cem Özdemir hält weitere Hilfen für nötig. Der "Welt am Sonntag" sagte der Grünen-Politiker: "Mir macht die aktuelle Preisentwicklung bei Lebensmitteln aufgrund des Ukraine-Kriegs Sorgen." Die Bundesregierung habe sofort Entlastungspakete geschnürt, um auf die Folgen des Krieges zu reagieren. "Und wenn es so weitergeht, dann kann ich Ihnen sagen: Nach dem Entlastungspaket ist vor dem Entlastungspaket."
Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner nannte die Inflation "die größte Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung und den sozialen Frieden" im Land: "Deshalb muss bei allen wichtigen Aufgaben ihre Bekämpfung Priorität haben", sagte Lindner der "Passauer Neuen Presse" (Samstag). Um den Verlust an Kaufkraft bei den Menschen zu begrenzen, habe die Bundesregierung durch gezielte Entlastung bereits gehandelt. Lindner könnte sich eine Steuerentlastung vorstellen. "Wir machen eine Lohn- und Einkommensteuerreform im nächsten Jahr, passen den steuerlichen Grundfreibetrag und den Steuertarif der Inflation an. Und wenn es nach mir geht, gibt es noch eine zusätzliche Entlastung für Bezieher von kleinen und mittlere Einkommen obendrauf."
Verdi-Chef Frank Werneke hält angesichts steigender Verbraucherpreise einen Ausgleich durch höhere Löhne für unausweichlich. "Unser Kurs ist ganz klar: Dauerhaft steigende Preise müssen durch dauerhaft wirkende Tariflohnsteigerungen vollumfänglich ausgeglichen werden", sagte Werneke der Deutschen Presse-Agentur. Von der Bundesregierung erwarte er weitere Entlastungen für die Bevölkerung - insbesondere mit Blick auf die deutlich gestiegenen Lebensmittelpreise.
SPD-Chef Lars Klingbeil will "Krisen- und Kriegsgewinner" stärker besteuern und hat dabei besonders die Mineralölkonzerne im Visier. Es könne nicht sein, dass sich "die Mineralölkonzerne in der Krise die Taschen noch voller machen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Er beschäftige sich intensiv mit der Frage, wie mit Krisen- und Kriegsgewinnern umgegangen werde, die von der derzeitigen Lage stark profitierten. Der SPD-Vorsitzende zeigte sich offen für eine Übergewinnsteuer, um extreme Krisengewinne abzuschöpfen: "Eine Steuer auf Kriegs- und Krisengewinne ist ein Instrument, das auf dem Tisch liegt und das ich sehr überlegenswert finde."