Spanien soll Katalanen mit Pegasus-Software ausgespäht haben
DW
Nach Ungarn und Polen bringt ein Bericht ein weiteres EU-Land in Erklärungsnot: Auch Spaniens Regierung soll die Spionagesoftware Pegasus eingesetzt haben - gegen Anführer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung.
Spanische Behörden sollen dutzende Anführer der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung ausspioniert haben. Mobiltelefone von mindestens 65 Personen sollen mit der Software Pegasus infiltriert worden sein, berichteten das US-Magazin "The New Yorker" und die spanische Zeitung "El País" unter Berufung auf einen Bericht der im kanadischen Toronto ansässigen Forschungsgruppe Citizen Lab.
Zu den Spionage-Opfern zählen demnach etwa der heutige katalanische Regionalpräsident Pere Aragonès, die früheren Regionalpräsidenten Quim Torra und Artur Mas, Mitglieder des katalanischen Parlaments und des Europaparlaments sowie Vertreter der katalanischen Zivilgesellschaft. Ihre Telefone sollen in den Jahren 2017 bis 2020 mit der in Israel entwickelten Spionage-Software gehackt worden sein. Dies ist in Spanien illegal.
Die Regierung in Madrid wies die Anschuldigungen zurück. Spanien sei ein Rechtsstaat, "in dem wir nicht spionieren, keine Gespräche abhören und keine Abhörmaßnahmen vornehmen, es sei denn, dies geschieht im Rahmen der Gesetze", sagte Regierungssprecherin Isabel Rodríguez. Die spanische Regierung werde bei der Untersuchung der Vorwürfe "so weit wie möglich" kooperieren.
Der frühere katalanische Regionalpräsident Carles Puigdemont forderte am Montag in Brüssel juristische Schritte gegen die Verantwortlichen. "In einem demokratischen Europa darf kein Raum für Spionage sein", betonte er mit Blick auf ähnliche Berichte aus Deutschland und anderen EU-Ländern. Ein Untersuchungsausschuss des Europaparlaments will die Vorfälle beleuchten. "Politiker, Anwälte und Aktivisten sind alle Opfer von Spaniens schmutzigem Krieg", schrieb Puigdemont im Onlinedienst Twitter.
Puigdemont selbst war demnach nicht im Visier. Er war nach dem 2017 gescheiterten Versuch der Abspaltung der Region Katalonien von Spanien nach Belgien ins Exil gegangen, um der Strafverfolgung in Spanien zu entgehen.