Spanien braucht mehr Mittelstands-Förderung
DW
Die Regierung unter Pedro Sánchez kann beim EU-Wiederaufbaufonds aus dem Vollen schöpfen. Aber momentan profitieren davon eher multinationale Konzerne - vor allem aus Deutschland.
"Vielen Dank, Herbert!" Spaniens Premier Pedro Sánchez duzt vor der Presse gerne seine Gesprächspartner, um besondere Nähe zu vermitteln. Der seit 2018 amtierende spanische Sozialist will die Wirtschaft mit den 140 Milliarden Euro, die Spanien aus den Next Generation EU-Fonds zustehen, nachhaltig umbauen. Allerdings sind es bisher vor allem die Konzerne, die davon profitieren, auch solche aus anderen Ländern wie VW.
Als der Chef des deutschen Autobauers, Herbert Diess, am Standort Sagunto bei Valencia, vor einigen Wochen eine neue Gigafactory ankündigte, war Sánchez live dabei. Für seine Regierung ist es wichtig, dass die VW-Tochter Seat in Barcelona trotz Verlusten eine Zukunft hat. Diess hat das zugesichert und will mit zehn Milliarden Euro die - nach eigenen Aussagen - "größte industrielle Investition, die jemals im Land getätigt wurde", durchführen. In Spanien soll eine der bedeutendsten E-Auto-Produktionsstätten des Konzerns entstehen, samt Batterie-Herstellung, in die Seat involviert sein wird. Der spanische Energieriese Iberdrola soll dazu in Teilen den grünen Wasserstoff und Strom liefern.
Sánchez setzte sich beim Pressetermin in Sagunto mit Diess in das elektrische Seat-Erfolgsmodell Cupra Born - wohl auch, um den Zuschauern zu zeigen, wie bedeutend Made in Spain geworden ist. Seitdem er an der Macht ist, machen Deutsche und Spanier immer mehr gemeinsame Sache. Dazu gehört auch, dass nach offiziellen Angaben 30 Prozent der Gelder aus Brüssel für die Entwicklung und den Ausbau von nachhaltigen Strom- und Treibstoff-Technologien in Spanien verwendet werden.
"Das ist für ganz Europa von Bedeutung, aber natürlich besonders für Deutschland", sagt der CEO des spanischen Gas-Infrastruktur-Betreibers Enagás, Arturo Gonzalo, im Gespräch mit ausländischen Journalisten. Die sechs spanischen LNG-Häfen und internationale Gasleitungen gewinnen jetzt enorm an Bedeutung. Das Unternehmen wird deswegen von dem mit Steuergeldern finanzierten Umbau profitieren.
Zwar ist für den Antrag auf die Hilfen Bedingung, dass kleine und mittelständische Unternehmen in die Next Generation EU-Projekte eingebunden werden müssen, "aber das Hauptgeschäft geht unweigerlich an die multinationalen Konzerne, die federführend beim Rest der Investitionen sind", muss Germán Renau Martínez, Sprecher des Energieausschusses der regierenden Sozialisten im Parlament, eingestehen.