Solidarität in der Republik Moldau: "Ich helfe, weil ich selbst Mutter bin"
DW
95 Prozent der Flüchtlinge aus der Ukraine, die in der Republik Moldau geblieben sind, wohnen bei Einheimischen zu Hause. DW-Reporter Simion Ciochina hat einige von ihnen besucht.
In Marianas Häuschen im Dorf Mitoc, etwa 50 Kilometer nördlich von der moldauischen Hauptstadt Chisinau, wohnen jetzt zehn Menschen in drei Zimmern. Die Moldauerin hat zwei Flüchtlingsfamilien aufgenommen - unter anderem auch ihre Schwägerin Oxana. "Was hätte ich denn sonst tun sollen? Ich konnte diese Menschen unmöglich auf der Straße zurücklassen", sagt Mariana im Gespräch mit der DW. Das Zusammenleben auf so engem Raum ist nicht leicht, aber alle helfen einander. Und am Sonntag machen sie es sich gemeinsam vor dem Fernseher gemütlich.
Seit fast einem Monat bereiten Mariana und Oxana jeden Morgen in der kleinen Küche das Frühstück für alle zehn Bewohner des Hauses vor. "Wir versuchen, den Geflüchteten alles zu bieten, was wir können, damit sie sich wie zu Hause fühlen", sagt Mariana.
Die Republik Moldau ist eines der ärmsten Länder Europas und beherbergt die größte Zahl an Flüchtlingen im Verhältnis zur eigenen Bevölkerung. Von den mehr als 400.000 Geflüchteten, die aus der Ukraine in die Republik Moldau gekommen sind (ein Land mit 2,6 Millionen Einwohnern), sind mehr als 100.000 geblieben. Um das kleine Land bei der Unterbringung der Flüchtlinge zu unterstützen, wurde am 5. April 2022 auf der internationalen Geberkonferenz in Berlin ein umfassendes Finanzpaket geschnürt.
Rund 95 Prozent der Geflüchteten wurden von moldauischen Familien zu Hause aufgenommen, so wie im Fall von Oxana und Mariana. "Unsere Gehälter sind klein, aber wir versuchen, dafür zu sorgen, dass immer Essen für alle auf dem Tisch steht", sagt die Moldauerin Mariana im Gespräch mit der DW. "Doch wir sind besorgt über die großen Preissteigerungen. Gas, Strom und viele Alltagsprodukte sind in letzter Zeit teurer geworden. Hoffentlich normalisiert sich alles wieder so schnell wie möglich."
Das Frühstück ist fertig, die beiden Frauen rufen die Kinder zu Tisch. Auch Oxanas Tochter Zlata, die sich unter normalen Umständen in dieser Zeit auf ihre Einschulung im Heimatort gefreut hätte. Oxana drückt sie ganz fest an sich, während sie den DW-Reportern von der Flucht der Familie erzählt: "Wir haben uns entschlossen, vor dem Krieg zu fliehen, weil die Sicherheit unserer Kinder für uns wichtiger als alles andere ist. Nur das Nötigste konnten wir mitnehmen, ein paar Kleidungsstücke und Hygieneartikel, denn unser Auto ist nicht groß. Wir kommen aus einem ruhigen kleinen Dorf in der Nähe von Odessa." Vor kurzem habe sie mit Entsetzen in den Nachrichten gehört, dass die Gegend um Odessa bombardiert wird. "Und in die Nachbardörfer werden schon die Leichen der im Krieg gefallenen ukrainischen Soldaten gebracht. Ich habe mit unseren Nachbarn gesprochen, sie sagen, unser Haus ist immerhin noch nicht zerstört worden..."