So weltklasse sind unsere DFB-Jungs schon wieder!
RTL
Sollte er tatsächlich ein sorgenvolles Gefühl in sich gespürt haben, so wurde das nun in München hinfort geweht, zerschellt irgendwo im zerklüfteten...
Ist Deutschland jetzt wieder eine Weltklasse-Mannschaft? Diese Frage gibt dem Wettbewerb Nations League einen tieferen Sinn. Die Sommerpause ist gerettet. Die (Fußball)-Nation hat wieder ein Thema, an dem sie sich abarbeiten kann. Grundlage der Debatte: Zwei Remis, jeweils 1:1, gegen Italien und England. Und wie sich die Dinge der Bewertung binnen dreier Tage ändern. Nach dem zähen Spiel in Bologna war Bundestrainer Hansi Flick alles andere als begeistert, er arbeitete die Leistung sehr kritisch auf. Ihm wurde sogar zugeschrieben, dass er nach der Darbietung im wunderschönen Stadio Renato Dall'Ara besorgt gewirkt habe.
Sollte er tatsächlich ein sorgenvolles Gefühl in sich gespürt haben, so wurde das nun in München hinfort geweht, zerschellt irgendwo im zerklüfteten Alpenvorland um Oberaudorf. Das DFB-Team empfing England und hatte sich in den Tagen zuvor staunend aufgestellt, angesichts der beeindruckenden Qualität der "Three Lions". So musste man fast zwingend davon ausgehen, dass dieser Dienstagabend in München etwas Elementares liefern würde. Eine Bestandsaufnahme, wo das Hansi-Flick-Deutschland ein halbes Jahr vor der Wüsten-WM in Katar steht. Mindestens.
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Und wo steht es nun, das Hansi-Flick-Deutschland? Tja, irgendwo zwischen Baum und Borke. Und vermutlich ist dieser schwer zu definierende Zwischenraum ganz gut für die Entwicklung dieser Mannschaft, die ein immenses Potenzial besitzt, aber auch noch ein paar ungelöste Probleme mit sich herum schleppt. Torwart Manuel Neuer ist in wüstenreifer Titanen-Form, Antonio Rüdiger ist ein königlicher Abwehrchef, Joshua Kimmich liefert wieder viele Argumente dafür, dass er ein guter Sechser ist, Jamal Musiala verzaubert die Nation mit seinem Mut, dem Tempo und dem unbedingten Willen zum Qualitäts-Dribbling. Und mit İlkay Gündoğan hat Flick ein Luxusproblem. Das sind die guten, die sehr guten Dinge im deutschen Spiel.
Um Leon Goretzka braucht sich niemand Sorgen machen, auch wenn ihm derzeit die überzeugende Dynamik fehlt. Auch nicht um Thomas Müller, den Chef-Kommunikator, dem es an Effektivität mangelt. Am Ende einer langen Saison ist es verkraft- (wegen Nations League) und nachvollziehbar, dass nicht mehr alle Fußballer voll geladene Akkus haben. Aber es gibt eben auch Dinge, die sich bis Ende November noch deutlich verbessern müssen. Auch wenn gegen England vieles schon viel besser war, als noch gegen Italien. "Wir haben genau so Fußball gespielt, wie wir uns das vorstellen, die Art und Weise war einfach toll. Wir haben den Gegner unter Druck gesetzt und dazu gezwungen, die Bälle lang und oft ins Aus zu schlagen", schwärmte der Bundestrainer. "Wir haben sehr gut gezockt teilweise. Es ist schade, dass wir uns nicht belohnt haben."
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Deutschland war engagierter, dynamischer, zielstrebiger. Aber nicht effektiver. Ein großes Manko, das der Sturm-Diskussion reichlich Futter lieferte. Wer soll es nun machen? Kai Havertz? Timo Werner? Thomas Müller? Alles denkbare Optionen, aber eine optimale Lösung? Eher nicht. Über Müller weiß man, dass er als erster Pressing-Spieler im Müllerthomas-Nirwana deutlich wertvoller ist, denn als Zielspieler. Werner ist ein fleißiger Arbeiter, trifft auch immer wieder, aber alle Zweifel daran, dass er ein unverzichtbarer Stürmer ist, räumt er nicht aus. Zu viele Dinge in seinem Spiel wirken unglücklich. Da hilft auch die beste Verteidigungsrede von Flick nichts. Und Havertz? Der würde die Rolle gerne übernehmen, beeindruckt mit Technik und Körperlichkeit. Aber er hat das Spiel im Zentrum eben nicht gelernt, er ist eher Spielgestalter, ein herausragender.
England dagegen hat so einen Typen. Harry Kane heißt er. Eine Sehnsuchtsfigur im deutschen Kader. Flick weiß das, muss das aber eben auch anerkennen - und er setzt darauf, dass noch eine Entwicklung stattfindet. "Für mich ist es einfach wichtig, dass man den Spielern Vertrauen schenkt. Das werden wir tun. Wir haben Spieler, die sich noch entwickeln können und auch auf dieser Position Qualität. Wir wollen jeden Einzelnen ein Stück besser machen, um in Katar ein noch höheres Level zeigen zu können."