So geht Porträt heute
Die Welt
Kein Mann, keine Frau, kein Kind, niemand ist real in den Bildern von Lynette Yiadom-Boakye. Alles ist schönste Erfindung. Und doch zelebriert die Londoner Malerin Wahrheit in ihrer reinsten Form. Und wird jetzt dafür in Düsseldorf gefeiert.
Es ist schon ein wenig seltsam: Was in der Literatur meist von vorneherein ausgeschlossen wird („Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind rein zufällig“), das wird in der Kunst noch immer stillschweigend vorausgesetzt: Dass man es bei gemalten Porträts mit den Abbildern realer Wesen zu tun hat.
Da kann der malerische Duktus noch so eigenwillig sein und (wie etwa bei Jean Dubuffet) an die Abstraktion grenzen – was auch nur ansatzweise wie ein Porträt aussieht, wird schnell mit der Darstellung einer realen Person verbunden. Vielleicht auch deshalb, weil wir heute in einer von der porträtsüchtigen Fotografie so vollständig durchdrungenen Welt leben, in der Identität eng mit dem Machen und Teilen von Porträts verwoben ist.