So gefährlich sind die Tiktok-Islamisten
n-tv
Auf der Straße und insbesondere im Internet propagiert Muslim Interaktiv die Errichtung eines Gottesstaats. Bei dem Versuch, Jugendliche für sich einzunehmen, setzen die Online-Islamisten auf eine perfide Strategie.
Seine Botschaft an Bundesinnenministerin Nancy Faeser verbreitet Joe Adade Boateng vor einer IKEA-Katalog-Kulisse: Zimmerpflanze, Schreibtischlampe mit übergroßer Glühbirne, aufgeklappter Laptop. Im quadratischen Hängeschrank stehen zwei Bücher mit goldschimmerndem Einband. Boateng trägt ein himmelblaues T-Shirt und spricht von einer Verleumdungskampagne, "die darauf ausgelegt ist, Sie zu einem Verbot unserer Plattform zu bewegen. Dabei wird vorsätzlich die Falschbehauptung verbreitet, wir würden an einem Umsturz in Deutschland arbeiten."
Die Erzählung einer großen Kampagne gegen alle Muslime bediente Boateng auch am vergangenen Samstag als Redner auf einer Demonstration in Hamburg. Muslime würden von Politik und Medien als Feinde markiert, mit dem Ziel, sie "vom Diskurs auszuschließen", behauptete er. Seine Zuhörer hielten Schilder hoch, auf denen "Kalifat ist die Lösung" stand, forderten also offen die Errichtung eines Gottesstaats - und riefen damit die Ermittlungsbehörden auf den Plan. Nachschauen lässt sich das alles auf dem Tiktok-Account von Muslim Interaktiv. Die Plattform hatte die Kundgebung organisiert und wird vom Verfassungsschutz als gesichert extremistisch eingestuft.
Nur rund 20 Personen sollen dem engeren Kreis von Muslim Interaktiv angehören, auf Youtube, Instagram und Tiktok erreichen sie jedoch Zehntausende Menschen, vor allem Jugendliche. Damit stehen sie für einen neuen Islamismus, sagt Eren Güvercin zu ntv. "Sie kommen nicht wie salafistische Prediger in arabischen Gewändern, die ein Stück weit aus der Zeit gefallen sind", so der Gründer der liberalen Alhambra-Gesellschaft. "Sondern sie bedienen sich der Hip-Hop-Jugendkultur, sie bedienen sich der Jugendsprache und stellen bestimmte Statussymbole zur Schau, die bei jungen Leuten sehr gut ankommen."