
Slavoj Zizek: Die Verklärung der Taliban
Frankfurter Rundschau
Slavoj Zizek sieht die Stärke der afghanischen Kämpfer in ihrer Glaubenskraft. Aber ist das ein Grund, sie zu romantisieren?
Der Fotograf Thomas Dworzak war 2002 beim Vormarsch der sogenannten Nordallianz in Afghanistan dabei und dokumentierte das Geschehen im Auftrag der Fotoagentur Magnum. Dabei entdeckte er in Kandahar in einem damals gerade wiedereröffneten Fotogeschäft Porträts junger Kämpfer, die aufwendig koloriert und vor absurd kitschigen Landschaften aufgenommen worden waren. Ein wenig wirkte es, als seien es Aufnahmen des Fotografen David Hamilton, aus denen Frauen wegretuschiert worden waren, um die Schönheit wilder junger Männer hervorzuheben. Schon immer, schrieb Dworzak damals in dem Band, in dem er seinen Fund veröffentlichte, hätten die Männer in dieser Region sich die Augen geschminkt und Blumen in die Läufe ihrer Waffen gesteckt. „Nehmen Sie sie mit“, habe der Besitzer des Geschäfts gesagt, „sie sind eh alle tot.“ Die Taliban, die uns nun täglich in den Fernsehbildern begegnen, sind in die Jahre gekommen, viele ein wenig dicklich, aber wie besoffen von der Macht, die sie errungen haben. Ihr Erscheinungsbild hat den slowenischen Philosophen Slavoj Zizek jedoch nicht davon abgehalten, weiter an dem verklärten Bild junger Revolutionäre festzuhalten. Geradezu fasziniert hat er nun in einem Beitrag für die „Berliner Zeitung“ am Wochenende den Befund herausgearbeitet, „dass den Taliban-Kämpfern das eigene Überleben egal ist. Es geht um ihre Bereitschaft, den ,Märtyrertod‘ auf sich zu nehmen. Nicht nur in einer Schlacht, sondern sogar in selbstmörderischen Handlungen.“More Related News