Sind wir schon am Scheitelpunkt?
ZDF
Die Corona-Zahlen scheinen sich einem Umkehrpunkt zu nähern. Ist das die Trendwende? Die Daten sind zu unsicher, warnen Experten.
Noch steigt die Corona-Inzidenz in Deutschland, aber deutlich langsamer als zuvor. Die Zahl der Neuinfektionen ist niedriger als eine Woche zuvor. Und erstmals ist auch der Sieben-Tage-Schnitt der Neuinfektionen leicht gesunken. Die Kurve flacht also ab - ist das der Scheitelpunkt, an dem die Omikron-Welle nun bricht?
Experten wie der Mathematik-Professor Kristan Schneider von der Hochschule Mittweida sind noch skeptisch:
Erst, wenn es eine Weile nur noch bergab gehe, könne man sicher sein, dass man auf dem Gipfel war, so Schneider. Sein Spezialgebiet ist die Simulation epidemiologischer Prozesse. Deutschlandweit sei in seinen Modellen jetzt noch keine klare Trendwende erkennbar, erst "Ende des Monats, Anfang März" sei der Scheitelpunkt erreicht, so Schneider im Gespräch mit ZDFheute.
"Das kann dann in manchen Bundesländern später sein, in manchen früher." Denn in einigen Bundesländern, wie beispielsweise in Sachsen, sei die Welle auch erst später losgegangen. Dass die Infektionszahlen nun langsamer steigen, könne auch mit den Testkapazitäten zu tun haben, die an ihre Grenzen stoßen: 40 Prozent der PCR-Tests seien derzeit positiv, obwohl gerade im Gesundheitsbereich viele Menschen routinemäßig ohne Symptome getestet würden, erklärt Schneider. "Die Unsicherheit in den Daten" sei zu groß, als dass man bereits von einer Trendwende sprechen könne.
Ähnlich sieht es auch der Corona-Modellierer Dirk Brockmann. Er rechnet zwar damit, dass "in den nächsten Tagen das Maximum erreicht sein wird", erklärte er im Deutschlandfunk. Doch gleichzeitig bezweifelte er mit Blick auf die begrenzten Kapazitäten in Laboren, dass die aktuell gemessenen Infektionszahlen noch die Realität widerspiegeln.
Daher ist derzeit auch unklar, wie verlässlich der sogenannte R-Wert ist, den das Robert-Koch-Institut (RKI) aktuell mit 0,99 angibt. Erstaunlicherweise war der R-Wert während der Omikron-Welle nur unwesentlich höher als bei vorherigen Wellen - und sogar etwas niedriger, verglichen mit manchen Werten aus dem Jahr 2020. Und das, obwohl die Omikron-Variante als deutlich ansteckender gilt als alle anderen zuvor.
Dafür gibt es mehrere Gründe: Ab Weihnachten lag der R-Wert konstant bei über 1, gleichzeitig war die Inzidenz mit über 200 bereits relativ hoch. Bis Mitte Januar, als die ansteckendere Omikron-Variante dominierte, kletterte der R-Wert auf bis zu 1,37. Diese Mischung ließ die Infektionszahlen explodieren, trotz eines vergleichsweise niedrig scheinenden R-Werts.