Sie kommandiert, er wischt
Süddeutsche Zeitung
Wenn Team Italien die Steine ins Haus setzt, ist Curling große Kunst. Über Stefania Constantini und Amos Mosaner - das neue Traumpaar ihres Sports.
Der Curling-Wettbewerb "Mixed Double" ist 2018 in Pyeongchang ins Programm der Spiele aufgenommen worden, und gleich war er ein Reißer. Warum? Dass Männer und Frauen gemeinsam antreten in einem Wettbewerb, kommt immer noch vergleichsweise selten vor, die Disziplin Curling-Mixed hat also etwas Verbindendes. Sie kann sich aber einem aus dem Leben neben dem Curling bekannten Phänomen auch nicht verschließen: Wo Verbindendes ist, lauert immer auch Trennendes.
Zu den bleibenden Bildern von Pyeongchang gehört das herrliche Zusammenspiel der Curler Jenny Perret und Martin Rios aus der Schweiz, er mehr ein Mann der Tatkraft, sie eher die Intellektuelle. Die beiden Silbermedaillengewinner waren auch privat mal ein Paar gewesen, nach der Trennung hatten sie dann beschlossen, auf dem Eis gemeinsam weiterzumachen. Trennendes und Verbindendes. Dass sie keine Frischverliebten mehr waren, konnte man über die TV-Mikrofone gut mitbekommen, beim Curling werden die Dialoge live in alle Welt versendet, das ist ein Reiz. Der andere: Menschen dabei zu beobachten, die den Lauf des Steins wischend beeinflussen wollen. Frauen, die besenschwingende Männer kommandieren - vielen kommt das immer noch wie ein schwer skurriles Bild vor.
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Die Neue Zürcher Zeitung hat gerade einen Dialog der beiden Schweizer von damals noch mal nacherzählt. Sie, vorwurfsvoll: "Warum wüschisches där nid besser?" Er, verteidigungsbereit: "Was sölli mache? Är isch eifach zschnell gspilt, fertig."
Diesmal waren die Schweizer eher raus, aber das Turnier hatte sein neues Traumpaar schon gefunden, die Italiener Stefania Constantini, 22, und Amos Mosaner, 26. Die beiden wischten und schwebten durch den Wettbewerb, mit 10:0 Siegen erreichten sie das Finale gegen die Norweger Kristin Skaslien und Magnus Nedregotten. Und weil man so gut zuhören kann, in der Pandemie bei praktisch leerer Halle noch besser, sind die Beratschlagungen der Italiener bei diesen Spielen ein Ereignis für sich geworden. Stefania Constantini und Amos Mosaner gehen wertschätzender als die Schweizer damals miteinander um, kollegial, ein bisschen wie in einer WG, in der sich jeder an den Putzplan hält.