Sicherheitskonferenz ohne offizielle russische Delegation
DW
Angesichts massiver Spannungen in der Ukraine-Krise beginnt die Münchner Sicherheitskonferenz. Vertreter der russischen Regierung fehlen diesmal. Für den Vorsitzenden der Konferenz, Wolfgang Ischinger, ein Fehler.
Hunderte Entscheidungsträger würden es sehr bedauern, "dass Russland sich nicht stellt", sagte Wolfgang Ischinger im deutschen Fernsehen. Persönlich könne er nachvollziehen, dass der russische Außenminister Sergej Lawrow diesmal eine Teilnahme "nicht gerade als vergnügungssteuerpflichtig" ansehe. Es kämen aber durchaus erfahrene Personen aus Russland, versicherte Ischinger. Das Hauptthema auf der bis Sonntag laufenden Sicherheitskonferenz werde sein: "Was ist eigentlich notwendig, damit die russische Seite dieses Bedrohungsszenario entlang der ukrainischen Grenze endgültig aufgibt und an den diplomatischen Verhandlungstisch zurückkehrt?"
Der Konferenzleiter hält das diesjährige Treffen für die "wahrscheinlich wichtigste Konferenz" in den 14 Jahren unter seiner Leitung. Es habe "noch nie so viele drängende und wirklich gefährliche Krisen auf einmal zu besprechen" und zu bewältigen gegeben, sagte Ischinger kurz vor der 58. Konferenzausgabe.
Ischinger bezeichnete die russischen Sicherheitsbedenken als "weit hergeholt", weil die NATO seit 18 Jahren keinen Schritt mehr zu einer weiteren Osterweiterung in Richtung russischer Grenze getan habe. "Wieso jetzt nach 18 Jahren diese Sache so hoch hängen? Die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine steht nicht zur Debatte." Dahinter stecke der tiefere russische Wunsch, eine Lage wiederherzustellen, in der Russland von untergeordneten Ländern umgeben sei, die "auf ihre völlige Selbstständigkeit" verzichten sollten. "Das geht natürlich nicht", sagte Ischinger. "Jeder europäische Staat muss seine Geschicke selbst bestimmen können. Und ohne andere zu bedrohen." Er fügte hinzu: "Niemand bedroht Russland."
Zu den prominentesten Rednern in den nächsten drei Tagen werden Bundeskanzler Olaf Scholz, US-Vizepräsidentin Kamala Harris und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zählen. Russland ist dagegen zum ersten Mal seit mehr als 30 Jahren nicht mit einer offiziellen Delegation dabei. "Wir müssen mit Bedauern feststellen, dass sich die Konferenz in den vergangenen Jahren immer mehr zu einem transatlantischen Forum gewandelt hat", begründete die Sprecherin des Außenministeriums in Moskau, Maria Sacharowa, die Absage. Das Expertentreffen habe seine Objektivität und die Einbindung anderer Sichtweisen verloren.
In den vergangenen Jahren hatte Außenminister Lawrow zu den treuesten Gästen von Konferenzleiter Ischinger gehört. Zwar betont auch Lawrow immer noch täglich die Bereitschaft, mit den USA, der NATO und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) über ein neues Nebeneinander auf dem Kontinent zu sprechen. Allerdings erfolgt dies nun vor allem schriftlich.