
Selenskyj will verhandeln, aber nicht kapitulieren
n-tv
Der ukrainische Präsident Selenskyj zeigt sich bereit, über den Status der Halbinsel Krim und der Separatistengebiete in der Ostukraine zu verhandeln, auch über die Neutralität seines Landes. Das Interesse an der NATO habe er ohnehin verloren. Von den USA fordert er die Errichtung einer Flugverbotszone.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich bereit erklärt, mit Russland über die vom Kreml genannten Bedingungen für ein Ende des Kriegs zu verhandeln, zugleich aber deutlich gemacht, dass die Ukraine sich nicht ergeben werde. "Ich bin bereit für einen Dialog, aber wir sind nicht bereit zur Kapitulation", sagte er in einem Interview mit dem US-Fernsehsender ABC.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte am Montag die russischen Forderungen für ein Ende des Krieges genannt. Russland werde seine "Sonderoperation" beenden, wenn die Ukraine ihre Verfassung ändere, um darin Neutralität zu verankern, wenn sie die Krim als russisches Territorium und die "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten anerkenne.
Mit Blick auf die NATO-Mitgliedschaft sagte Selenskyj, er habe das Interesse daran schon vor langer Zeit verloren, nachdem er festgestellt habe, "dass die NATO nicht bereit ist, die Ukraine aufzunehmen". Die Allianz habe Angst vor Schwierigkeiten und vor einer Konfrontation mit Russland. Die Ukraine sei kein Land, "das auf Knien um etwas bittet".

Es begann doch recht friedlich, gestern im Oval Office. Warum die Eskalation? Trump brauchte sie, um die Amerikaner auf seine Seite zu ziehen, sagt Politologe Thomas Jäger. Denn die große Mehrheit will der Ukraine weiter helfen. Darum solle Präsident Wolodymyr Selenskyj dazu gebracht werden, dass er kapituliert.

Was passiert, falls die USA die Unterstützung der Ukraine sofort kappen? Nichts scheint mehr sicher nach dem Disput zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj. Oberst Reisner sieht in dem Fall schwarz. Nicht nur für die Ukraine, sondern für ganz Europa.

"Es war idiotisch, sich vor laufenden Kameras mit Trump zu streiten", sagt ein Oppositionspolitiker in Kiew. Insgesamt überwiegt allerdings die Solidarität mit Präsident Selenskyj. "Das Wichtigste für einen Präsidenten ist, den Respekt seines Volkes nicht zu verlieren", schreibt ein sonst eher Selenskyj-kritisches Medium.

In den USA wird derzeit vieles infrage gestellt, was seit dem Ende des 19. Jahrhunderts als selbstverständlich galt. Präsident Donald Trump und seine Regierung fordern die Gewaltenteilung heraus, wollen unter anderem die Behörden nach ihrem Gusto umkrempeln und die Macht aufs Weiße Haus konzentrieren. Verfolgen sie diesen Weg konsequent weiter, sieht der Politikwissenschaftler Kenneth Lowande die Demokratie enden. Selbst wenn das nicht geschieht - das politische System werde nie wieder so sein wie vorher, meint er.

Binnen Wochen hat Donald Trump das US-Versprechen, die Ukraine zu unterstützen, komplett abgeräumt. Die Ukraine zählt nicht mehr, nur noch Kosten und Nutzen. Europa verlässt sich auf das US-Versprechen, es im Ernstfall mit Atomwaffen zu beschützen. Ist das langsam naiv? Trumps Regierung ließe Zweifel aufkommen, ob sie die Europäer im Krisenfall stützen würde, sagt Nuklear-Experte Liviu Horovitz von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

Aus dem Kanzleramt heißt es immer wieder: Es gibt keinen Anlass für eine engere Einbindung von CDU-Chef und Wahlsieger Friedrich Merz in aktuelle Regierungsgeschäfte - zumindest bis jetzt. Nach der Eskalation zwischen Trump und Selenskyj scheint Scholz seine Meinung geändert zu haben. Er greift zum Hörer.