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Schwarzes Loch dreht sich plötzlich in Richtung Erde
Frankfurter Rundschau
Ein Materie-Jet, der aus einem supermassereichen schwarzen Loch ausströmt, ändert seine Richtung und zeigt zur Erde. Ein Forschungsteam untersucht das Phänomen.
Santiago de Chile – Im Zentrum der meisten Galaxien versteckt sich ein supermassereiches schwarzes Loch. Von diesen gigantischen Objekten sind der Forschung bereits einige bekannt – doch nun hat ein Team um die Forscherin Lorena Hernández-García vom Millenium Institute of Astrophysics in Santiago de Chile ein Objekt entdeckt, das sich ungewöhnlich verhält. „Wir haben mit der Beobachtung der Galaxie begonnen, weil sie eigentümliche Eigenschaften hatte“, erinnert sich Hernández-García. „Unsere Hypothese war, dass der relativistische Jet des supermassereichen schwarzen Lochs seine Richtung geändert hat. Um diese Idee zu bestätigen, mussten wir eine Menge Beobachtungen durchführen“, erklärt die Forscherin.
Bisher galt die Galaxie PBC J2333.9-2343, die 656 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt ist, als eine Radiogalaxie. Die Ausrichtung der Jets, die aus dem schwarzen Loch im Zentrum der Galaxie ausströmen, bestimmen, wie eine Galaxie klassifiziert wird. Im Fall von PBC J2333.9-2343 zeigten beide Materie-Jets bislang in Richtung der Himmelsebene – eine klassische Radiogalaxie. Doch das hat sich nun geändert. Mittlerweile zeigt einer der beiden Jets genau in Richtung Erde und die Galaxie hat eine neue Klassifizierung erhalten: Sie gilt jetzt als Radiogalaxie mit einem Blazar im Zentrum.
Bei einem Blazar handelt es sich um einen aktiven galaktischen Kern, dessen Jet in Richtung Erde zeigt. Blazare sind Objekte mit sehr hoher Energie, sie gelten als die mächtigsten Phänomene im Universum, heißt es in einer Mitteilung der Royal Astronomical Society (RAS). Im Fall des Blazars im Zentrum der Galaxie PBC J2333.9-2343 hat der Jet seine Richtung drastisch um einen Winkel von bis zu 90 Grad geändert; er ist nun direkt Richtung Erde gerichtet.
Dadurch, dass der Jet nun Richtung Erde zeigt, wird die Emission verstärkt und wird deutlich sichtbarer als die Emission, die von der restlichen Galaxie ausgeht. Das führt zu hochintensiven Flares, die stärker sind als die von anderen Radiogalaxien, heißt es bei der RAS. Eine Studie zu der neu klassifizierten Galaxie wurde im Fachjournal Monthly Notices of the Royal Astronomical Society publiziert.
Um die mysteriöse Galaxie in einem breiten Bereich des elektromagnetischen Spektrums zu beobachten, kamen mehrere Teleskope – darunter das Radioteleskop Effelsberg des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Deutschland – zum Einsatz. Das Forschungsteam stellte beim Auswerten der Daten fest, dass die Galaxie neben dem hellen Blazar im Zentrum noch zwei Ausbuchtungen in den äußeren Bereichen der Jets aufweist.