Schramm: Folgen des Halle-Anschlags in Thüringen spürbar
n-tv
Erfurt/Halle (dpa/th) - Für den Vorsitzenden der Jüdischen Landesgemeinde in Thüringen sind die Folgen des Anschlags auf eine Synagoge in Halle (Sachsen-Anhalt) auch drei Jahre später in seiner Gemeinde spürbar. Der höchste jüdische Feiertag Jom Kippur sei auch zum dritten Jahrestag von Erinnerungen an das Attentat geprägt gewesen. "Da fällt einem natürlich sofort ein, was in Halle passiert ist", sagte Reinhard Schramm der Deutschen Presse-Agentur. Auch Gedanken wie "hoffentlich passiert nicht wieder was an Jom Kippur", habe die Thüringer Gemeinde seit 2019 stets im Sinn.
Die unmittelbare Nähe des Tatorts, rund 100 Kilometer Luftlinie, sei für die Mitglieder sehr beunruhigend gewesen, sagte Schramm. "Es hätte auch bei uns passieren können - und unsere Türe hätte nicht standgehalten." Die Tür ist mittlerweile ausgebessert worden, ebenso wurden weitere Sicherheitsvorkehrungen getroffen.
"Vor Halle habe ich immer versucht, die Sicherheitsvorkehrungen nicht in den Mittelpunkt zu stellen - man sollte nicht immer Angst haben", sagte Schramm. Das sei heute anders. Er nehme die Ängste der Mitglieder sehr ernst. "Es ist, denke ich, nötig, weil die Zeiten sind stürmisch", so Schramm. Was vor drei Jahren in Halle geschah, sei leider weiter in Deutschland möglich. Vom Feiern abhalten lasse die Thüringer Gemeinde sich aber nicht. Die Synagoge sei in diesem Jahr zu Jom Kippur gut voll gewesen.
Am 9. Oktober 2019 hatte ein schwer bewaffneter Attentäter versucht, am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur in die Synagoge in Halle einzudringen. Als ihm das nicht gelang, erschoss er davor eine 40 Jahre alte Passantin und in einem nahen Döner-Imbiss einen 20 Jahre alten Gast. Auf seiner Flucht verletzte der Attentäter zahlreiche weitere Menschen, ehe er von der Polizei gefasst wurde. Der heute 30 Jahre alte Deutsche hat die Taten eingeräumt. Das Oberlandesgericht Naumburg verurteilte ihn 2020 zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung.