Scholz zum Antrittsbesuch bei Biden
Süddeutsche Zeitung
Unmittelbar vor seinem Besuch im Weißen Haus in Washington hat Bundeskanzler Olaf Scholz die deutsche Bereitschaft zu einschneidenden Sanktionen gegen Russland in der Ukraine-Krise betont. Zusammen mit seinen Verbündeten sei Deutschland bereit, notfalls "alle nötigen Schritte" zu gehen, sagte Scholz der Washington Post auf die Frage nach Sanktionen gegen die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2.
Putin wisse, dass er für eine Aggression gegen die Ukraine einen sehr hohen Preis zahlen müsse. Aber die Strategie des Westens sei es, ihn über die Details im Unklaren zu lassen. Die russische Führung solle nicht ausrechnen können, wie kostspielig ein Vorgehen gegen die Ukraine wirklich werden würde.
Angesichts öffentlicher Kritik an einer zu geringen deutschen Hilfe in der Krise verwies der Kanzler auf die umfangreiche deutsche Hilfe für die Ukraine und darauf, dass Deutschland den höchsten Verteidigungsetat auf dem Kontinent habe. Der Kanzler lobte vor seinem Besuch im Weißen Haus an diesem Montag "Führung und Stärke" von US-Präsident Joe Biden und die direkten amerikanisch-russischen Gesprächskontakte. "Diese sind sehr schwierig", sagte er. Scholz will in Washington neben Biden auch mit US-Kongress-Abgeordneten zusammentreffen. (07.02.2022)
Außenministerin Annalena Baerbock reist an diesem Montag zu einem zweitägigen Besuch in die Ukraine. Parallel zum Antrittsbesuch von Kanzler Scholz in den USA stehen bei ihr in der Hauptstadt Kiew Treffen mit Staatschef Wolodymyr Selenskyj und Außenminister Dmytro Kuleba auf dem Programm. Baerbock reist außerdem in den Osten des Landes, wo sie am Dienstag die Frontlinie zwischen ukrainischen Regierungstruppen und den von Russland unterstützten Separatisten im Konfliktgebiet Donbass besichtigen will.
Mit Spannung wird erwartet, wie sich die Grünen-Politikerin zu den ukrainischen Bitten um Waffen äußert. Die Bundesregierung lehnt Lieferungen in Krisengebiete bisher strikt ab. Kurz vor Baerbocks Reise übermittelte die Ukraine dem Auswärtigen Amt und dem Verteidigungsministerium eine Liste mit Waffenwünschen. Sie bittet um Flugabwehr-Raketensysteme mittlerer Reichweite, tragbare Flugabwehr-Raketensysteme, Anti-Drohnen-Gewehre, Mikrowellen-Zerstörungssysteme, elektronische Ortungssysteme, Nachtsichtgeräte, Überwachungskameras und Munition. Es handele sich dabei um "Waffensysteme defensiver Natur", so die ukrainische Botschaft in Berlin. Aus deutschen Regierungskreisen hieß es, die Anfrage werde derzeit geprüft. Sie sei nach Erkenntnissen der Regierung an mehrere westliche Partner der Ukraine gerichtet worden.