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Scholz und sein Kickstart-Kabinett
Die Welt
Diese Regierung muss ohne Schonzeit beginnen: Die Ampel startet in eine massive Krise hinein. Der künftige Finanzminister Lindner warnt die Ressortkollegen vor „übertriebenen Erwartungen“ auf anderen Politikfeldern. Wieviel Entschlusskraft steckt im Kabinett?
Die Unterzeichnung des Koalitionsvertrags der drei Ampel-Parteien im Berliner Futurium, dem „Ausstellungshaus der Zukünfte“, war eine Art informelles Kabinettstreffen. Die Minister und Ministerinnen stellten sich zum Gruppenfoto oder Selfie auf. Der designierte Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begrüßte Bald-Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) mit einem neckischen: „Wer sind denn Sie?“ Dann tauschten die beiden Handynummern aus. Es wurde gescherzt und gelacht. Und kaum war die Zeremonie rum, die der künftige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schnörkellos mit „schön’ Dank“ beendete, twitterte Lauterbach: „Jetzt beginnt das eigentliche Projekt …“ – die Regierungsarbeit der Ampel.
Aber die ist in vollem Gange. Den jüngsten Gesetzentwurf zur Eindämmung der vierten Corona-Welle haben SPD, Grüne und FDP formuliert. Nicht die noch amtierende große Koalition. Scholz hat an der vergangenen Ministerpräsidentenkonferenz de facto bereits als Regierungschef teilgenommen. Und Lauterbach war am Montag kaum als designierter Minister vorgestellt, da schaltete er sich bereits mit seinem künftigen Amtsvorgänger Jens Spahn (CDU) in die virtuelle Runde mit den Landesgesundheitsministern zu. Diese Bundesregierung regiert mit, noch bevor Kanzler und Minister überhaupt vereidigt sind. Die Regierungsmannschaft von Olaf Scholz ist ein Kickstart-Kabinett.