
Scholz reist nach Israel, der Krieg reist mit
n-tv
Drei Tage nach seiner historischen, ziemlich einsam gefällten Entscheidung, 100 Milliarden Euro extra in die Verteidigung der Bundesrepublik zu stecken, reist der einstige Kriegsdienstverweigerer Olaf Scholz nach Israel. Er absolviert einen Antrittsbesuch im Zeichen des Krieges
Die Zeiten sind verrückt, keine Frage. Was man bereits daran erkennen kann, dass nun ausgerechnet der Kriegsdienstverweigerer und Zivildienstleistende Olaf Scholz als der Kanzler in die Geschichte eingehen wird, der die nach zwei angezettelten und verlorenen Weltkriegen tendenziell ins Antimilitaristische geschwenkte Nation in einer "nationalen Kraftanstrengung" auf- und hochrüstet. Das ist so etwas wie die Umkehrung aller Werte: Pflugscharen zu Schwertern! Für Scholz selbst dürfte das der größte Bruch in seiner persönlichen Geschichte sein, seit er sich vor gut drei Jahrzehnten vom Irrglauben an die sehr linke Lehre vom Staatsmonopolitischen Kapitalismus losgesagt hat.
Mit seinem mehr oder weniger im Alleingang durchgesetzten 100-Milliarden-Euro-Paket für die Verteidigung der Republik und den Waffenlieferungen an die Ukraine hat Olaf Scholz die Bundesrepublik aus ihrer merkwürdigen Zwitterrolle als vermeintlicher Vermittlermacht und tatsächlichem Bremsklotz geholt, in der er das Land selbst in seinen ersten Kanzlerwochen gehalten hat mit der bockbeinigen Haltung zu Nord Stream 2, den verwehrten Waffen und der anfänglichen Weigerung, Russland vom internationalen Zahlungsverkehr SWIFT auszuschließen. Das Land, das sich stets lieber mit Geld von internationalen Kriegspflichten freigekauft und sich dabei auf die Lehren und moralischen Verpflichtungen aus der Nazi-Barbarei berufen hat, dieses Deutschland der reinen Weste und des guten Gewissens liefert jetzt Waffen in ein Kriegsgebiet. Deutschland ist normal geworden, mit allen Risiken und Nebenwirkungen.
Ende der notwendigen Vorrede. Drei Tage nach dieser epochalen Kehrtwende besucht Olaf Scholz Israel. Die Reise muss sein. Israel gehört zum Auftakt-Pflichtprogramm jedes Kanzlers. Er hat den ursprünglich auf drei Tage angelegten Besuch, der auch nach Jordanien und in die Palästinensergebiete gehen sollte, auf einen knappen Tag verkürzt, auf das Notwendigste. Eigentlich passt er nicht in die Zeit, und irgendwie dann doch sehr gut. Der ukrainische Präsident Selenskyj hat den isrealischen Ministerpräsidenten Naftali Bennett gebeten, zwischen Putin und der Ukraine zu vermitteln. Das könnte funktionieren, denn Israel nimmt eine ähnliche Zwitterrolle ein wie Deutschland noch vor wenigen Tagen: Das Land liefert Medikamente an die Ukraine, aber keine Waffen - und es beteiligt sich bislang nicht an den Sanktionen des Westens gegen Russland. Als Exporteur von Hochtechnologie könnte Israel eine entscheidende Lücke in den neuen Eisernen Wirtschaftsvorhang reißen.

Sie hatten sich doch längst verabschiedet, nun sind sie wieder da: Der ganze alte Bundestag kommt in Berlin zusammen, um über die Schuldenpläne von Union und SPD zu diskutieren. Im Zentrum des Geschehens: die Grünen. Um deren Zustimmung werben die kommenden Regierungsparteien. Doch die zieren sich genüsslich.