Scholz gibt das Signal zum Öffnen
Süddeutsche Zeitung
Der Höhepunkt der Omikron-Welle sei in Sicht, sagt der Bundeskanzler. Erste Lockerungen könnten bald kommen. Derweil versucht die SPD, die Impfpflicht zu retten.
Er hat die jahrzehntelange politische Erfahrung. Er weiß, was die FDP will, die Grünen und seine eigene Partei, die SPD. Er hat wissenschaftliche Gutachten und die Sehnsucht der Leute abgewägt. Wenn Bundeskanzler Olaf Scholz sich also am Freitag im Bundesrat hingestellt und für kommende Woche erste Lockerungsbeschlüsse angekündigt hat, lässt sich das als das lang erwartete Signal aus dem Kanzleramt verstehen: Es geht los, es wird gelockert.
Der Höhepunkt der Omikron-Welle sei "in Sicht", sagte Scholz, das erlaube Bund und Ländern bei ihrer für kommende Woche geplanten Schaltkonferenz, "einen ersten Öffnungsschritt und dann weitere für das Frühjahr in den Blick zu nehmen". Am Mittwoch treffen sich die Länderchefs planmäßig virtuell im Kanzleramt, um über die Corona-Lage zu beraten.
Mit der Ankündigung von Lockerungen geht Scholz auch auf Politiker aus der Ampelkoalition zu, die gefordert hatten, die nächste Videokonferenz müsse den Weg aus der Pandemie konkret machen. Was genau der erste Öffnungsschritt sein könnte - entfallen die strengen Regeln im Einzelhandel? -, das sagte er nicht. Nicht alle Restriktionen sollen auf einmal fallen. "Wir wollen unsere Erfolge jetzt nicht aufs Spiel setzen."
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Mit der vagen Ankündigung riskiert Scholz allerdings, dass in den Tagen bis zur Schaltkonferenz das passieren könnte, was Amtsvorgängerin Angela Merkel einst als "Öffnungsdiskussionsorgien" kritisiert hatte. Unter "Lockerung" verstehen die Ampelpartner ja derzeit Unterschiedliches. FDP-Fraktionschef Christian Dürr dringt darauf, dass zum 20. März alle Maßnahmen beendet werden - wie es das Infektionsschutzgesetz bislang vorsieht. Britta Haßelmann, Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen, fordert eine Verlängerung über dieses Datum hinaus.