Schlittenhunde in Grönland - Wie lange werden sie noch heulen?
Frankfurter Rundschau
Seit Jahrtausenden ziehen Menschen mit Hundeschlitten durch die Arktis. Doch diese einzigartige Kultur droht zu verschwinden. Eine Reportage aus Grönland.
Ilulissat - In einer kleinen Jolle mit starkem Motor braust Karl Elias Guldager fast täglich auf den Fjord hinaus, um mit Langleinen Heilbutt vom Grund zu holen. Der 49-Jährige ist Fischer, Jäger und Fänger. Nun, am späten Nachmittag, fährt er mit dem Fahrrad vom Hafen der grönländischen Küstenstadt Ilulissat hinauf zu seinen Hunden am Rande des Siedlungsgebiets. Manchmal muss er absteigen und schieben, denn die Anstiege sind steil, und die zwei Eimer im Anhänger sind voll mit Kabeljau. Er grüßt die Menschen, die vorbeigehen, bei manchen bleibt er stehen. Man spricht über die heutige Auslosung der Moschusochsen. Die Stadt hat für die kommende Saison lediglich 16 Exemplare zum Abschuss freigegeben. Es gebe aber mehr als 100 Berufsjäger in Ilulissat, sagt Karl Elias: „Ich bin leider nicht unter den Glücklichen, die ausgelost wurden.“
Die Hunde heulen gierig, ihre Ketten klirren über die Felsen, als sie ihren Herrn heranradeln sehen. Die Nachbarshunde fallen ein. Es ist ein schiefes Konzert, das zu Grönlands Siedlungen nördlich des Polarkreises gehört wie Kirchenglocken zu Europa.
Auf dem Stadtplan von Ilulissat gibt es rund um die bebauten Areale schraffierte Flächen: Das sind die Hundeplätze. Den ganzen Sommer über sind die Tiere angekettet, mit einem Bewegungsradius von ein paar Metern, jedes für sich. Nur Welpen bis zu einem Alter von einem halben Jahr dürfen streunen. Die erwachsenen Tiere stehen gerade so weit vom nächsten entfernt, dass sie nicht miteinander kämpfen und sich schwer verletzen können.