Schäuble setzt sich das Denkmal, das er verdient
n-tv
Das Leben von Wolfgang Schäuble beeindruckt. Sei es als Vertrauter Kohls, als Merkels wichtigster Minister und nicht zuletzt als jemand, der Schicksalsschläge wie Lähmung und Krebs überwand. Seine Memoiren sind unbedingt lesenswert - nicht nur wegen der darin enthaltenen Enthüllungen.
Das politische Leben von Wolfgang Schäuble zu beschreiben ist allein schon deswegen schwierig, weil es so lang war. Unfassbare 51 Jahre gehörte der CDU-Politiker dem Bundestag an - doch dieser Rekord ist letztlich nur eine Fußnote in dieser einmaligen Karriere. Wie gut, dass Schäuble es schaffte, die Arbeit an seiner Autobiografie noch kurz vor seinem Tod am 26. Dezember 2023 abzuschließen. An diesem Montag erscheint das gut 650 Seiten starke Werk - Titel: "Erinnerungen. Mein Leben in der Politik".
Schon vergangene Woche machte der "Stern" mit Vorab-Auszügen Schlagzeilen. Darin war dann schon das zu lesen, was so oder so ausdrücklich noch nicht bekannt war - etwa, dass der einstige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber Schäuble 2015 dazu drängte, Kanzlerin Angela Merkel zu stürzen und selbst Bundeskanzler zu werden - was Schäuble ablehnte.
So etwas ist spannend, doch wer glaubt, damit die Essenz des Buches mitbekommen zu haben, liegt daneben. Schäubles Memoiren gehen weit über solche Enthüllungen hinaus. Sie sind ein großer Wurf, ein Stück Geschichtsschreibung der alten und der neuen Bundesrepublik, gespickt mit Einsichten eines Politikers, der immer bemüht war, Verständnis für die andere Seite aufzubringen. Insbesondere für SPD und Grüne - so äußert er sich respektvoll über Helmut Schmidt, aber auch Oskar Lafontaine und Joschka Fischer und lässt zugleich immer wieder Kritik an der FDP aufblitzen - insbesondere an jener FDP der schwarz-gelben Koalition von 2009 bis 2013.