Saudi-Arabien: Wer seine Meinung sagt, lebt gefährlich
DW
Familie und Aktivisten hoffen auf eine baldige Freilassung von Raif Badawi. Der prominente Blogger ist freilich nicht der einzige Aktivist, der in Saudi-Arabien wegen missliebiger Ansichten hinter Gittern sitzt.
Vorsichtiger Optimismus im Fall Raif Badawi: Menschenrechtler und seine Frau hegen die Hoffnung, dass der prominente saudische Regierungskritiker und Blogger nach zehn Jahren Haft in wenigen Tagen aus dem Gefängnis entlassen werden könnte. Menschenrechtsorganisationen und Aktivisten weltweit hatten sich über Jahre für seine Freilassung eingesetzt. Das Urteil gegen ihn war nicht nur in westlichen Ländern als willkürlich und juristisch unhaltbar kritisiert worden.
Badawi ist zwar international der prominenteste politische Gefangene in Saudi-Arabien, aber keineswegs ein Einzelfall - die Menschenrechtssituation in dem Land am Golf ist sehr kritisch. Wie viele politische Gefangene es in Saudi-Arabien genau gibt, ist unklar. Die saudische Regierung behauptet wenig überraschend, es gebe überhaupt keine politischen Gefangenen in ihrem Land. Menschenrechts-Aktivisten sprechen jedoch von hunderten oder sogar - wie jüngst Amnesty International - von rund 3000 politischen Gefangenen in Saudi-Arabien.
Zwar wurden im Sommer 2021 einige prominente Frauenrechtlerinnen wie etwa Samar Badawi, die Schwester Raif Badawis, oder die Aktivistin Nassima al-Sadah aus dem Gefängnis entlassen. Dies ändert aus Sicht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) allerdings wenig an der anhaltenden Unterdrückung missliebiger Meinungen. "Die saudischen Behörden haben vielleicht einige Personen freigelassen, um den internationalen Druck zu mindern, aber ihre Haltung gegenüber Dissidenten bleibt die gleiche", heißt es unter Bezug auf ihren World Report 2022 auf der Webseite der Organisation.
In Saudi-Arabien werden Aktivisten und Reformer mit sehr unterschiedlichen Anliegen und unterschiedlichem Hintergrund verfolgt. Auch die Methoden von Verfolgung und Repression zeigen sich in unterschiedlichen Formen.
Die bekannte Frauenrechtlerin und Aktivistin Ludschain al-Hathlul etwa wurde im Sommer 2021 unter Auflagen aus der Haft entlassen, nachdem sie 2018 festgenommen und Ende 2020 schließlich auf Grundlage eines Anti-Terror-Gesetzes verurteilt worden war. Ihre Familie erhob seinerzeit Foltervorwürfe. Nominell ist sie heute zwar frei, doch sie darf nicht ausreisen. Offensichtlich verfolgt der saudische Staat auch weiterhin genauestens alle ihre Aktivitäten, obwohl viele ihrer Forderungen - vor allem Auto-Fahrerlaubnis für Frauen - inzwischen umgesetzt sind.