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Saudi-Arabien und das Erdöl: Abschied vom Westen?
DW
Nach dem OPEC-Beschluss zur Drosselung der Ölförderung scheint die Partnerschaft zwischen den USA und Saudi-Arabien in schwerer Krise, während Russland weiterhin mit Energie-Exporten seine Kriegskassen auffüllen kann.
US-Präsident Joe Biden reagierte sehr deutlich. Der Beschluss der OPEC+ vom 5. Oktober, die Fördermengen im November um zwei Millionen Barrel täglich zu drosseln - Schätzungen zufolge rund zwei Prozent des täglichen globalen Verbrauchs - sei eine "Enttäuschung", sagte er in einer ersten Reaktion auf die Entscheidung. Der Beschluss zeige, dass es "Probleme" gebe, fügte er mit Blick auf Saudi-Arabien, den traditionellen Verbündeten der USA und zugleich bedeutendsten Mitgliedstaat von OPEC+, hinzu.
Der Nachrichtensender CNN zitierte nach der Entscheidung namentlich nicht genannte Stimmen aus dem US-Finanzministerium, die die Drosselungen als "feindlichen Akt" werteten. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre, kritisierte, dass die OPEC+ sich mit Russland "verbündet" habe. Chuck Schumer, demokratischer Fraktionsführer im US-Senat, bezeichnete die OPEC-Entscheidung auf Twitter als "zynisch".
Am Dienstag (11.10.) ließ das Weiße Haus nun verlauten, Biden strebe eine Neubewertung der Beziehungen zu Saudi-Arabien an. Zudem meldete sich der Präsident auch noch einmal selbst zu Wort und erklärte auf CNN: Er werde zwar nicht genau sagen, was ihm vorschwebe, "aber das wird Konsequenzen haben".
Dabei hatte Biden Saudi-Arabien erst im Juli besucht - und sich dabei trotz vorheriger Bedenken öffentlich recht gut gelaunt mit dem saudischen Kronprinz Mohammed bin Salman gezeigt, der nach dem Mord an dem regimekritischen Journalisten Jamal Khashoggi einige Jahre lang international geächtet wurde, gerade auch von Biden selbst. Die Reise in das für seine Missachtung der Menschenrechte immer wieder kritisierte Land hatte ihm daheim erhebliche Kritik eingebracht, doch sie war für ihn gerade auch deshalb wichtig, weil er sich kurz vor den US-Zwischenwahlen und inmitten der durch den Ukraine-Krieg ausgelösten Energiekrise und energiepolitischen Konfrontation mit Russland eine Ausweitung der Ölproduktion durch die Saudis erhofft hatte. Mit der angekündigten Drosselung erhielt er jedoch genau das Gegenteil. Saudi-Arabien traf damit eine Entscheidung, die Biden in der jetzigen Lage nur als Brüskierung verstehen kann. Der russische Präsident Wladimir Putin, der unter anderem mit Ölexporten seine Kriegskasse füllt, dürfte sie hingegen als faktische Unterstützung seitens Saudi-Arabiens und weiterer Golfstaaten verbuchen.
Nun, rund vier Wochen vor den amerikanischen Zwischenwahlen, steigen die Preise wieder - ein Prozess, der durch die Drosselung zusätzlich angetrieben werden könnte. Das wiederum könnte die Erfolgsaussichten der Demokraten von Joe Biden bei den Wahlen erheblich schmälern. Schon steht in Washington der Verdacht im Raum, Saudi-Arabien - einst einer der bevorzugten außenpolitischen Partner Donald Trumps - könnte durch seine Ölförderpolitik sogar einen Wahlerfolg der Republikaner anvisieren.