Satellit im Erdorbit verhält sich verdächtig – Plant China die Militarisierung des Weltalls?
Frankfurter Rundschau
Der chinesische Satellit SJ-21 wird im Erdorbit wiederholt auffällig. Probt China Methoden, Weltraumschrott zu entfernen oder stecken militärische Motive dahinter?
Frankfurt – Raumfahrt und Politik hängen enger miteinander zusammen, als man auf den ersten Blick glauben möchte. Wie eng die Verzahnung teilweise ist, zeigt ein aktueller Vorfall mit einem chinesischen Satelliten. Shijian-21 (SJ-21) wurde im Oktober 2021 von einer chinesischen „Langer Marsch 3B“-Rakete in eine Erdumlaufbahn gebracht. Offiziell gilt SJ-21 als ein „On-Orbit Servicing, Assembly and Manufacturing Satellite“ (OSAM), also ein Satellit, der andere Satelliten beispielsweise warten oder betanken kann. In chinesischen Medien hieß es außerdem, SJ-21 solle Technologien zur Eindämmung von Weltraumschrott erproben.
Doch bereits im November 2021 fiel der Satellit SJ-21 erstmals auf: Die Space Force der USA beobachtete, dass der Satellit sich nah an einem anderen Objekt befand, es wurde vermutet, dass es sich um ein altes Raketentriebwerk handeln könnte. Von China kam nie eine Information dazu, die fehlende Transparenz sorgte damals schon für Unmut in der Branche. Nun macht der chinesische Satellit zum nächsten Mal auf sich aufmerksam: Bereits Ende Dezember 2021 näherte sich der Satellit dem ausrangierten chinesischen Navigations-Satelliten Beidou-2 G2 und dockte an. Das zeigen Daten von COMSPOC, einem Unternehmen für die Weltraumlageerfassung (space situational awareness SSA).
Am 22. Januar 2022 war der chinesische Satellit für ein anderes SSA-Unternehmen, ExoAnalytics, plötzlich nicht mehr auffindbar. Offenbar hatte der Satellit bei Tageslicht – also zu einer Zeit, in der er von Teleskopen auf der Erde nicht gesehen werden konnte – ein großes Manöver durchgeführt. Mittlerweile weiß man, dass der Satellit SJ-21 den defekten Navigationssatelliten in eine höhere Umlaufbahn gebracht hat. Er bewegte sich im geostationären Orbit in einer Höhe von 35.786 Kilometern – dort halten sich vor allem Kommunikations- und Fernsehsatelliten auf – und wurde von SJ-21 um etwa 3000 Kilometer angehoben.
„Ein paar Tage lang schien SJ-21 wie ein Weltraum-Schlepper zu funktionieren und hat den Satelliten mit sich gezogen“, heißt es bei ExoAnalytics. „Dann hat SJ-21 den Satelliten freigelassen und hat sich zurückbewegt.“ Der ausrangierte chinesische Navigationssatellit ist nach seinem Start 2009 in der Erdumlaufbahn ausgefallen und treibt seit 2010 als Weltraumschrott um die Erde. Eines Tages hätte er Teil einer Kollision werden und für zahlreiche kleinere Teile Weltraumschrotts sorgen können. Nun befindet er sich in einer Umlaufbahn über dem geostationären Orbit, wo er nicht mehr gefährlich werden kann.
Ausrangierte Satelliten werden in der Regel aus dem geostationären Orbit etwa 300 Kilometer angehoben. Dort befindet sich der sogenannte „Friedhofsorbit“, in dem die Satelliten nicht mehr stören. Der chinesische Navigationssatellit befindet sich nun zwar wesentlich höher als der übliche Friedhofsorbit, doch dort stört er wenigstens nicht mehr.