Salman Rushdie: „Sprachen der Wahrheit“ – Es war so. Es war nicht so
Frankfurter Rundschau
Gedanken zum neuesten Buch von Salman Rushdie, der Aufsatzsammlung „Sprachen der Wahrheit“
Wenn ich mich nicht verzählt habe, sind es 42 Texte auf 471 Seiten. Salman Rushdie, geboren 1947 in Bombay, hat in dem Band „Sprachen der Wahrheit“ Aufsätze aus den Jahren 2003 bis 2020 zusammengestellt oder stellen lassen. Sie nicht zu lesen, heißt, wenn man auch nur einen Funken Interesse an Literatur hat, sich um eines der größten Vergnügen bringen. Ich habe sechstausend Zeichen – die Vorgaben der Redaktion sind streng -, ich werde also nicht schreiben über Rushdies Beziehung zu dem von ihm bewunderten kolumbianischen Autor Gabriel García Márquez und einem langen Telefonat, das er mit ihm hatte, bei dem die zwei sich bestens verstanden, ohne dass einer des anderen Sprache sprach. Ich werde auch nicht schreiben über Rushdies ganz außerordentliche Begabung für Lobeshymnen und Preislieder, seine Liebe zu den weiten Landschaften der Wörterwelten, in denen er spazieren geht und sprintet, schwimmt und surft, springt und fliegt. Ich habe, seit ich vor fast vierzig Jahren „Mitternachtskinder“ von ihm las, ihn immer wieder aufs Neue bewundert. Der iranische Revolutionsführer Chomeini versprach im Februar 1989 jedem Moslem, der ihn tötete, die ewige Seligkeit. Spätestens in diesem Moment wurde klar, wer die waren, die den von der Linken verhassten Schah abgelöst hatten. Rushdie führte über Jahrzehnte ein Leben unter ständiger Beobachtung. Er hörte niemals auf zu schreiben, Romane, Geschichten für seine Kinder und Essays.More Related News