Söder ist jetzt das "Team Hoffnung"
Süddeutsche Zeitung
Die Sperrstunde fällt weg, Kultur und Sport dürfen viel mehr Gäste einlassen, Ungeimpfte wieder zum Friseur - der CSU-Chef sucht "eine Tür in der Omikron-Wand" und kündigte Corona-Lockerungen an.
Lange Zeit war Markus Söder ja Spielführer im "Team Vorsicht", zusammen mit der Kanzlerin, seit Kurzem verortete sich der Ministerpräsident und CSU-Chef im "Team Augenmaß". Am Montag nach einer Sitzung des CSU-Vorstands sprach Söder vom "Team Hoffnung". Und stellte bei den Corona-Maßnahmen einen "sanften bayerischen Weg" in Aussicht, "nicht eine Generalöffnung, es geht Schritt für Schritt voran". Konkret: Die Sperrstunde in der Gastronomie, bisher um 22 Uhr, soll wegfallen. Veranstaltungen in Kultur und Sport dürfen wieder deutlich mehr Zuschauer besuchen, auch im Profibereich. Und bei körpernahen Dienstleistungen wie Friseuren entfällt 2G zugunsten von 3G - auch Nicht-Geimpfte dürfen mit Test wieder rein. Die Änderungen, die dann wohl zum Donnerstag greifen, kommen vorbehaltlich der Zustimmung durch den Koalitionspartner im Kabinett am Dienstag - jedoch sind die Freien Wähler in der Pandemie noch nie als Bremser bei Lockerungen aufgefallen.
"Bei der Belastung der Krankenhäuser und des Gesundheitssystems droht keine Überforderung mehr", sagte Söder - trotz der Rekord-Inzidenz. Denn das "starre Bangen und Schauen auf die Inzidenz ist nicht mehr der Gradmesser". So zeige sich, dass in der Omikron-Welle eine "Abkoppelung und Entkoppelung" von Infektionszahlen und Hospitalisierung stattfinde. Vor allem sehe man es bei der Belegung der Intensivstationen, dort sei "alles stabil". Am Montag waren 329 Intensivplätze mit Corona-Patienten belegt, in früheren Wellen waren es zuweilen mehr als 1000. Es gelte jetzt, die "Tür durch die Omikron-Wand zu finden" - und "den Einstieg in den Ausstieg".
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Über die bundesweite Corona-Linie soll kommende Woche in der Ministerpräsidentenkonferenz beraten werden, wo man "auch mal unseren Akzent setzen" wolle, sagte Söder. Dies habe Bayern schon in vorbereitenden Schalten der Staatskanzleien klargemacht. Ein erster Schritt sei nun eben das "kontrollierte Vorgehen" im eigenen Bundesland. Der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband Dehoga begrüßte am Montag den Wegfall der Sperrstunde als "verantwortbaren und zugleich auch sehr wichtigen Schritt hin zu mehr Normalität". Schon in den vergangenen Wochen hielt die Wirte-Lobby die Regeln "reif" für die Abschaffung. Die zwei Corona-Jahre hätten gezeigt, dass die Branche unter all den Auflagen einen sicheren Betrieb gewährleiste. Die 2G-Regel in der Gastronomie oder bei anderen Angeboten bleibt aber bestehen, ein baldiges Abrücken davon stehe nicht an, sagte Söder auf Nachfrage. Zum Fußball zu gehen, mag "für manche lebenswichtig sein", sei aber doch eine freiwillige Entscheidung.
Zugleich kommen die Änderungen für Kultur und Sport. Dort sollen in Zukunft wieder deutlich mehr Plätze besetzt werden. Zum Beispiel in Kino und Theater will man die Obergrenze auf 75 Prozent erhöhen, bisher ist eine hälftige Auslastung gestattet. In Sportstadien und bei größeren Events ist 50 Prozent die neue Marke (statt 25), wobei es maximal 15 000 Gäste sein dürfen. Bayern hatte hier erst vor anderthalb Wochen aufgestockt. Die Erfahrungen seien positiv, sagte Söder. Weiterhin gelten 2G-Plus und FFP2-Maskenpflicht, das sei ein "sehr hinreichender Schutz". So wie die Maske auch bei denkbaren Öffnungen in Zukunft "das sein wird, was am längsten bleibt". In der CSU hatten zuletzt viele auf einen Gleichklang bei Verbesserungen für Gastronomie und Kultur gepocht, da man sonst rasch "als Kulturbanause" in die Kritik gerate.