Russlands Militär passt seine Strategie an
ZDF
Die Ukraine-Invasion läuft nicht wie geplant, Moskau passt sein Vorgehen an. Die nächste Kriegsphase könnte noch aggressiver werden.
Die ersten Tage der russischen Invasion der Ukraine haben bei Militär-Experten keinen positiven Eindruck hinterlassen: hohe Verluste und kaum Geländegewinne. Der Plan, schnell und ohne großen ukrainischen Widerstand die Regierung in Kiew in die Flucht zu schlagen, ging nicht auf. [Die aktuellen Entwicklungen des Krieges in der Ukraine.]
Doch seit Montag, dem fünften Tag des Krieges, ist klar: Russland reagiert darauf. "Wir sehen deutliche Korrekturen. Russische Kräfte haben ihren Blitzkrieg gestoppt, pausieren ihre Vorstöße, lassen Logistik und Unterstützung nachkommen", schreibt der Russland-Analyst Michael Kofman vom US-Militär-Think Tank CNA.
Anfangs versuchte Moskau mit Luftlandeoperationen und leichten Kräften gezielt strategische Punkte wie Flughäfen zu besetzen. Das gelang nur teilweise. Stattdessen werden jetzt Belagerungsringe um Großstädte wie Mariupol, Charkiw und Kiew gezogen.
"Abgesehen vom heftigen Beschuss von Charkiw kommt Artillerie bislang nur begrenzt zum Einsatz - verglichen mit dem, wie das russische Militär sonst agiert. Leider gehe ich davon aus, dass sich das ändern wird. Die russische Armee ist im Kern eine Artillerie-Armee", so Michael Kofman, Russland-Analyst CNA.
Entsprechend nehmen gerade Berichte über mögliche Kriegsverbrechen zu, insbesondere zum Einsatz von Raketen und Streumunition in Wohngebieten. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty dokumentierte den Beschuss einer Schule, in der Zivilisten Zuflucht gefunden hatten. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Ermittlungen gegen Russland aufgenommen.
Zentrale Sorge: Russland könnte Großstädte über Tage sturmreif schießen, bevor sie sich auf einen blutigen Häuserkampf einlassen. Ähnlich ging Russland bereits im Zweiten Tschetschenienkrieg 1999 bis 2000 vor.
Ein Großteil der Kräfte für die Belagerung von Kiew steckt seit Tagen in einem mehr als 60 Kilometer langen Stau nördlich der Hauptstadt. Der Konvoi umfasst Tausende Truppen und Nachschub, womöglich könnten sich auch belarussische Kräfte bald anschließen. Im Video sind Aufnahmen des Konvois zu sehen: