Russland unter Druck: Armee ruft ihren gefeuerten General Popow zu Hilfe
Frankfurter Rundschau
Wie verzweifelt müssen die Offiziere sein: Die im Süden der Ukraine bedrängte 58. Armee ruft jetzt ihren ehemaligen Befehlshaber Iwan Popow zu Hilfe.
Saporischschja – Die 58. Armee steht im Süden der Ukraine offenbar schwer unter Druck; und deren Stab ruft seinen ehemaligen Befehlshaber um Hilfe. Das will das Institute for the Study of War (ISW) von russischen Bloggern erfahren haben. Generalmajor Iwan Popow scheint also auf das Schlachtfeld zurückgekehrt zu sein. Was er dort ausrichten soll, bleibt allerdings zu klären.
„Wie so viele Regiments- und Divisions-Kommandeure beklagt haben, hat unsere Armee nicht durch die Front gelitten, sondern durch einen Dolchstoß in den Rücken, was uns in der schwierigsten Zeit den Kopf gekostet hat“, war Popow im Sommer in sozialen Medien zu vernehmen gewesen. Solche Attacken gegen die oberste russische Armeeführung galten als beispielloser Ungehorsam und haben im Juli zu seiner Entlassung geführt – ohne, dass sich die Situation für die russischen Truppen bis heute gebessert hätte.
Im Gegenteil sind die jüngsten Erfolge der Ukraine bei Robtyne klarer Beweis für die weiter zunehmenden Schwierigkeiten der russischen Armee in der Führung, der Versorgung oder der Moral. Popow hatte sich immer dafür starkgemacht, der Führung gegenüber die Defizite ihrer Kriegführung unverblümt klarzumachen; und er hatte versucht, sich an Generalstabschef Waleri Gerassimow vorbei direkt bei Präsident Wladimir Putin zu beschweren. Ein in der russischen Militärhierarchie ungemeiner Affront.
Die jetzt vermutlich aufgefrischten Kontakte können nur bedeuten, dass Popows Untergebene ihrem neuen Befehlshaber misstrauen. Generalleutnant Denis Lyamin war auf Popow gefolgt und gilt entweder als zu inkompetent oder zu unterwürfig dem russischen Oberbefehl gegenüber. So oder so: Aufgrund der Erfolge der Ukraine im Süden ihres besetzten Territoriums könnte Lyamin der nächste Hochkaräter auf der Säuberungsliste von Wladimir Putin werden. Die Denkfabrik ISW hatte bereits im Juli gemutmaßt, dass die russische Befehlskette in der höchsten Ebene durch Ungehorsam zu reißen beginnt. Und zwar immer schneller.
Fast zeitgleich zu Popow war Generalmajor Wladimir Seliwerstow, ein russischer Fallschirmjägerkommandeur, von seinem Posten als Chef der 106. Garde-Luftlandedivision abberufen worden; er hatte Niederlagen in Bachmut zu verantworten gehabt. Ebenfalls gefeuert ist inzwischen General Sergej Surowikin, Chef der russischen Luft- und Raumfahrttruppen und ehemaliger Stellvertreter von Generalstabschef Waleri Gerassimow.