
Russland: Menschenrechtsgruppe veröffentlicht Folter-Videos
Frankfurter Rundschau
Eine Menschenrechtsgruppe veröffentlicht grausame Videos. Demnach sollen Gefangene mit den Aufnahmen erpresst werden.
Der Mann ist nackt, er weint und fleht: „Was tut ihr, verdammt?“ Er liegt mit gefesselten Händen auf einer Sanitätsliege, einer seiner schwarz gekleideten Peiniger hält seine Beine hoch, ein anderer bohrt einen mit rotem Klebeband umwickelten Besenstiel in seinen After. Immer wieder schreit er vor Schmerzen auf. „Hast du was zu sagen?“ herrscht man ihn an. „Erinner dich! Oder du wirst so drei Tage hier liegen!“
Folterszenen aus russischen Gefängnissen sind keine Neuigkeit. Aber gestern legten massive Hackerangriffe das Portal der Gefangenenrechtsgruppe Gulagu.Net lahm. Sie hatte dort die oben beschriebenen Aufnahmen sowie mehrere andere Videos ins Netz gestellt, auf denen Häftlinge heftig sexuell misshandelt werden. Und das sind nach Angaben von Gulagu.Net-Gründer Wladimir Ossetschkin nur Bruchteile eines 40 Gigabyte großen Archivs von Foltervideos, die ein ehemaliger Programmierer der russischen Strafvollzugsbehörde aus Russland heraus geschmuggelt hat.
„Nach dem Material wurden über 400 Strafgefangene Opfer von Gewalt, über hundert vergewaltigt“, sagte Ossetschkin unserer Zeitung. „Etwa 20 Videodateien zeigen Gewaltakte direkt.“ Laut Ossetschkin gibt es im russischen Strafvollzug ein überregional organisiertes Foltersystem, mit Zentralen in Saratow im Gefängnis-Tuberkulosekrankenhaus Nummer Eins, wo auch das auf den 18. Februar 2020 datierte Besenstiel-Video entstand, außerdem in Gefängnissen in den Gebieten Wladimir, Krasnojarsk und Irkutsk.