
Russen wider Willen – Ukrainische Babys als Staatsbürger registriert
Die Welt
Seit einem Jahr ist Cherson von Russland besetzt – für Neugeborene wird das immer wieder zum Verhängnis. Um Zugang zu Windeln und Babynahrung zu erhalten, müssen ukrainische Eltern ihre Kinder als russische Staatsbürger anmelden. Eine Mutter und ein Arzt berichten.
Im Mai vergangenen Jahres hat Kateryna in einer der dunkelsten Stunden ihres Geburtsortes Cherson das Licht der Welt erblickt. Ihrer 65-jährigen Großmutter Olha Lukina gelang es gerade noch, die Neugeborene in der seit März von Russland besetzten Stadt im Süden der Ukraine als ukrainische Staatsbürgerin anmelden zu lassen. Wenig später mussten alle Neugeborenen als russische Staatsbürger registriert werden, wie sich Chefarzt Leonid Remyga vom Klinikum Cherson erinnert. Eine unbekannte Zahl vor der Rückeroberung Chersons durch die ukrainischen Streitkräfte im November geborener Babys sind nun auf dem Papier Russen.
Im Klinikum Cherson als einzigem noch funktionierendem Krankenhaus der Stadt wurden vergangenes Jahr 489 Kinder geboren, deutlich weniger als die durchschnittlich 1200 pro Jahr vor Ausbruch des Krieges. Chefarzt Remyga führt den Rückgang darauf zurück, dass viele Mütter für die Geburt in die von der Ukraine kontrollierten Landesteile oder ins Ausland geflohen seien. In ukrainischen Krankenhäusern bekommen Eltern medizinische Unterlagen zur Geburt ihres Kindes, müssen aber zum Einwohnermeldeamt gehen, um eine Geburtsurkunde mit Staatsbürgerschaft zu erhalten.