Rechtsanwälte im NS-Regime: Der letzte jüdische Verteidiger Darmstadts
Frankfurter Rundschau
Benno Joseph verhandelte mit der Gestapo und setzte sich für die Belange von Jüdinnen und Juden in Darmstadt ein. Der Arbeitskreis Stolpersteine hat seine Lebensgeschichte und die anderer Darmstädter Verteidiger erforscht.
Der Name Benno Joseph begegnet einem überall in Darmstadt“, sagt Michaela Rützel vom Arbeitskreis Stolpersteine. Er galt als Schutzengel vieler Juden, half bei Auswanderungsgesuchen, „versuchte bei Geschäfts- und Vermögensabwicklungen möglichst viele Werte für die jüdischen Eigentümer zu retten und verhandelte unerschrocken mit der Gestapo“, heißt es im Stadtlexikon. Doch über das Leben des jüdischen Rechtsanwalts, der bis 1942 als einziger noch Angelegenheiten von Jüdinnen und Juden in Darmstadt vertreten durfte, war bislang wenig bekannt. Michaela Rützel und andere Ehrenamtliche des Arbeitskreises haben die Biografien von Joseph und anderen Rechtsanwälten recherchiert und stellen erstmals ihre Ergebnisse der Öffentlichkeit vor.
Im Rahmen des Festjahres zu 1700 Jahren jüdischem Leben in Deutschland startet an diesem Donnerstag (14. Oktober) die dreiteilige Veranstaltungsreihe „Rechtsanwälte ohne Recht - Jüdische Anwälte in Darmstadt im NS-Regime“. Organisiert wird die Reihe vom Verein Gegen Vergessen – Für Demokratie, Regionale Arbeitsgruppe Südhessen in Kooperation mit dem Arbeitskreis Stolpersteine, dem Anwaltverein Darmstadt und Südhessen und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit.
Von 68 Rechtsanwälten, die in der Stadt vor 1933 wohnten und an den Gerichten zugelassen waren, waren knapp ein Drittel jüdisch. Keiner der 20 ermittelten habe die NS-Verfolgung in Deutschland überlebt, schreibt Klaus Müller vom Verein Gegen Vergessen – Für Demokratie. Fünf von ihnen wurden in Auschwitz, Theresienstadt, Sachsenhausen, Buchenwald oder Lodz ermordet. Einer beging 1933 Suizid, drei starben zwischen 1936 und 1942 und elf gelang die Flucht nach England, Südamerika oder in die USA. Benno Joseph schickte zwar seine drei Söhne nach England, er selbst blieb und wurde mit Ehefrau Margarete als einer der letzten 53 Juden in Darmstadt 1943 in das Ghetto Theresienstadt verschleppt. Dort kam er ums Leben, seine Frau wurde in Auschwitz ermordet.