Rassismus in der Musik: „Brown Sugar“ von den Stones und weiße Begriffsstutzigkeit
Frankfurter Rundschau
Im Song „Brown Sugar“ von den Rolling Stones geht es nicht um einvernehmlichen Sex zwischen Erwachsenen, sondern um sexuellen Missbrauch von versklavten Mädchen. Ein Kommentar.
Harry Nutt beginnt seine Kolumne mit dem Satz: „Schon wieder so eine Geschichte kultureller Selbsttabuisierung.“ Nach der Lektüre des ersten Teils, in der es um den Song „Brown Sugar“ von den Rolling Stones geht, denke ich: ‚Schon wieder so ein Aufregertext eines weißen Deutschen, der erneut nicht zu begreifen scheint, worum es geht.‘ Was also ist das Problem mit besagtem Song?
Er handelt von Sklaverei im Süden der USA, von einem Sklavenhalter, der nachts die Sklavinnen aufsucht, sie auspeitscht und vergewaltigt – junge, schwarze Mädchen. Der Titel sollte ursprünglich „Black Pussy“ lauten und bereits 1995 sagte Mick Jagger dem „Rolling Stone“ in einem Interview: „Ich würde diesen Song heute niemals schreiben.“ Er verstand also schon vor über 25 Jahren, dass der Text problematisch ist.
Der Song setzt sich nicht kritisch mit den Gräueltaten der Sklaverei auseinander, sondern enthält – je nach Interpretation – eine Referenz zum Heroinkonsum. Zu dem Gute-Laune-Rocksong tanzt Mick Jagger auf der Bühne – und das Publikum tut es ihm gleich. In Keith Richards‘ Buch „Life“ sagt Musikproduzent Jim Dickinson, Jagger habe den Song in 45 Minuten geschrieben, „es war abscheulich.“ Überdies wird das Lied in der Liste „der 15 rassistischten Songs aller Zeiten“ geführt.